Bitcoin: Wahnsinn oder Geld der Zukunft

Vermutungen, Spekulationen, Fakten
Was ist Bitcoin? Schwer zu sagen, aber mit Corona hat es nichts zu tun. Deshalb heute einmal etwas Anderes als Corona, deshalb heute Bitcoin.
Wenn der «Blick» diese Woche in zwei gross aufgezogenen Artikeln über die Kryptowährung Bitcoin berichtet, dann ist das Thema sicher brisant.
Kompliziertes digitales Geld
Was ist Bitcoin? Bitcoin ist digitales Geld im Internet. Die Benutzer speichern ihre Bitcoins auf ihrem Computer oder Handy in einer digitalen Brieftasche. Die ersten Bitcoins wurden vor zwölf Jahren am 3. Januar 2009 geschaffen.
Die Bitcoins werden im Gegensatz zum gesetzlichen Zahlungsmittel, das sind Banknoten, Münzen und Giroguthaben der Banken, nicht von einer zentralen Stelle, also von der Zentralbank, ausgegeben, sondern dezentral in einem Rechnernetz geschaffen, verwaltet und laufend aktualisiert. Grundlage des Zahlungssystems Bitcoin ist die Blockchain. Dies ist eine Art dezentrales Journal, in dem alle Transaktionen verzeichnet sind und geprüft werden. Das ist alles ziemlich kompliziert.
Irrer Preis für digitales Geld
Nicht kompliziert ist der Wert eines Bitcoins. Der erste Preis für Bitcoin lag im Jahr 2009 bei 0,0008 US-Dollar. Man hätte mit einem Dollar ungefähr 1’300 Bitcoins kaufen können. Am Montag dieser Woche (11. Januar 2021) schrieb der Blick «Die Rally des Bitcoins nimmt kein Ende! Am Donnerstag knackte die Kryptowährung die Marke von 40’000 US-$ – zum ersten Mal in ihrer zwölfjährigen Geschichte». Innerhalb des Montags schwankte der Preis zwischen 30’000 und 38’000 $. Vor zwei Jahren noch kostete ein Bitcoin 3’600 $.
Was ist Geld?
Geld hat drei Funktionen: Es ist Zahlungsmittel, es stellt einen Wertmassstab dar und es dient der Wertaufbewahrung. Das klassische Geld war die Gold- oder Silbermünze. Sie erfüllte die drei Funktionen in ihrer Zeit gut, auch wenn der Betrieb dieses Geldsystems aufwendig war. Abgelöst wurden die Münzen durch Banknoten, die ursprünglich als Depotscheine für die hinterlegten Edelmetallmünzen dienten. Banknoten haben aber eine durchzogene Geschichte und erfüllten die drei Funktionen oft nicht.
Daran erinnert mich eine Banknote, die über meinem Schreibtisch hängt: Die Reichsbanknote mit der Nummer 592551 wurde am 15. Dezember 1922 vom Reichsbankdirektorium zu Berlin herausgegeben und lautet auf eintausend Mark. Später wurde sie mit einem roten Stempel überdruckt, und der machte aus dem Stück Papier «Eine Milliarde Mark». Auch wenn Bitcoins heute die drei Funktionen des Geldes nicht wirklich gut erfüllen, besser als die Reichsbanknoten sind sie allemal.

Geld und Vertrauen
Das Kernproblem jeden Geldes ist das Mass an Vertrauen, das es geniesst, und das es benötigt, damit es funktionieren kann. Der Notenbank muss man vertrauen, dass sie die Währung nicht entwertet. Den Banken muss man vertrauen, dass sie unser Geld sorgfältig anlegen, zuverlässig überweisen, vertraulich behandeln und uns zurückzahlen, wenn wir es brauchen.
Bitcoin hatte anfänglich im Vergleich zum staatlichen Geld ein Problem. Hinter dem staatlichen Geld steht ein staatliches Zahlungsversprechen. Bitcoin hat keinen zentralen Herausgeber, kein Zahlungsversprechen, ein Rücktausch in Dollar oder Franken wurde und wird von keiner Stelle garantiert. Aber die Leute vertrauen bei Bitcoin offensichtlich dem Versprechen eines Computernetzwerkprotokolls, dass nicht mehr als knapp 21 Millionen Coins produziert werden können. Eine Grösse, die nicht durch einzelne Teilnehmer beeinflusst werden kann.
Misstrauen in die Zentralbanken und ihr Geld
Man kann sich über die irre Preisentwicklung des Bitcoins in Dollar oder auch Franken den Kopf zerbrechen. Man kann die Argumentation aber auch umkehren. Warum wird das gesetzliche Zahlungsmittel, das Geld der Zentralbanken, immer weniger Wert im Vergleich zum digitalen Geld? Liegt es ganz einfach an der Glaubwürdigkeit des Versprechens, dass die Notenbanken oder das Computernetzwerkprotokoll die Geldmengen beschränken werden?
Wenn die Reichsbank mit einem Stempel aus tausend Mark eine Milliarde Mark machen konnte, dann kann die amerikanische oder die europäische oder auch die schweizerische Zentralbank das Gleiche auch tun, sie brauchen dazu nicht einmal einen Stempel. Und eigentlich tun diese Notenbanken dies auch bereits, einfach in geringerem Ausmass. Die heutigen wirtschaftlichen Probleme der Staaten sind aber auch noch geringer als die damaligen in den Zwanzigerjahren in Deutschland.
Banken, Gold und Alchemie
Man kann den jüngsten Erfolg des Bitcoins aber auch interpretieren als Misstrauen gegenüber dem ganzen Finanzsystem und den privaten Banken. In einer Bitcoin-Welt braucht es keine Banken mehr. Man hat Bitcoin und anderen Digitalwährungen vorgeworfen, den Geldverkehr von Geldwäschern, Pornohändlern, organisierten und anderen Kriminellen zu erleichtern.
Das mag seine Richtigkeit haben. Sicher ist, dass die Banken in den letzten dreissig bis vierzig Jahren durch den Ausbau der «Geldwäschereibekämpfung» zu eigentlichen Hilfspolizisten des Staates und seiner Vertreter geworden sind, nicht zum Vorteil der eigenen Kunden. Natürlich steht der Untergang der Banken und des heutigen Finanzsystems deswegen noch lange nicht bevor, aber das Aufkommen digitaler Lösungen könnte in diese Richtung weisen.
Deswegen müssen Sie, geschätzte Leserin, geschätzter Leser, jetzt nicht gleich Bitcoins kaufen. Viele der Schwächen des heutigen Finanzsystems lassen sich auf traditionelle Weise lindern, mit Gold. Die Beschränkung der Goldmenge ist bis zum Durchbruch der Alchemie sicher gewährleistet.
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