Bockshornjäger

Gross aufgezogen und sogar mit einer Sondersendung bedacht, präsentierte Fernsehen SRF am 9. Oktober die «letzte Wählerumfrage» vor dem 20. Oktober – den Grünen Triumph, der FDP Absturz verheissend.
Das Bedauern war dabei mit Händen zu greifen, als die Präsentatoren auch einzugestehen hatten, dass der von ihnen von so langer Hand vorbereitete, so intensiv herbeigeredete Aderlass der SVP am 20. Oktober kaum Tatsache werden dürfte.
Dominiert die Klima-Erwärmung?
Die «Klimakatstrophe», wurde behauptet, werde die Wahlen klar dominieren. Abgestützt wurde diese Behauptung auf die Befragung von rund zwölftausend Personen, die allesamt drei Themen bestimmen konnten, welche nach ihrer Meinung den Wahlentscheid der Stimmbürger zumindest hauptsächlichst beeinflussen würden. Daraus leiteten die Umfrage-Organisatoren ab, dass die Sorge um die Klima-Erwärmung weiterhin alles Denken dominiere. 37 Prozent der Befragten hätten das Klima als ausschlaggebende Entscheidungsgrundlage im Blick auf die Wahlen bezeichnet.
Wer die Zahlen selber untersuchte und sich nicht bloss mit den Kommentaren der Wahl-Propheten zufrieden gab, stutzte freilich: Die Explosion der Krankenkassenprämien wurde von 42 Prozent der Befragten als Haupt-Entscheidungsursache angeführt. Die Sorge um die Entwicklung der Krankenkassenprämien mobilisierte also fünf Prozent mehr Besorgte als das angeblich «klar dominierende Thema Klima-Erwärmung».
EU-Frage: Keineswegs passée
Noch mehr Erstaunen weckte eine weitere Entdeckung: Die EU-Frage, die Sorge um die EU-Anbindung erreichte mit ebenfalls 37 Prozent das genau gleiche Resultat auf dem Sorgenbarometer der Wähler wie die Klima-Veränderung. Dies erstaunt um so mehr, als die Medien – wenn sie die EU-Frage in den letzten Monaten überhaupt je aufgegriffen haben – notorisch behaupten, die EU-Frage interessiere die Bevölkerung kaum mehr.
Ein Thema, dem die Medien während Monaten mit Akribie auswichen und das sie notorisch herunterspielten, erreicht offensichtlich die gleiche Aufmerksamkeit wie die mit Greta-Anbetung und Schülerdemonstrationen-Beweihräucherung täglich penetrant breitgewalzte, angeblich unmittelbar bevorstehende Klimakatastrophe. Dieser Gleichstand zeigt vor allem, wie wenig Vertrauen die Öffentlichkeit der Medienberichterstattung noch entgegenbringt…
Masseneinwanderung: Thema von gestern?
Interessant sind auch die Umfrage-Aussagen zur Masseneinwanderung. Manipulation lässt sich auch zu diesem Themenkreis identifizieren. Die Umfrage-Architekten gehören zu jenen, die in den letzten Wochen und Monaten unablässig herunterbeteten, das Thema Masseneinwanderung sei längst aus Abschied und Traktanden gefallen – weil kaum mehr Masseneinwanderung stattfinde. Nur noch ein Viertel der Befragten würden diesem Thema beeinflussenden Charakter zubilligen.
Völlig veränderte Lage
Zu diesem als «minimal» interpretierten Wert von 25 Prozent unterbleibt in der Umfrage-Auswertung aber eine zentrale, äusserst wichtige Information:
Die den Umfrage-Ergebnissen zugrunde liegende Meinungsbefragung erfolgte keineswegs in den letzten September- oder ersten Oktobertagen. Sie erfolgte bereits im Juni 2019, bei Sommeranbruch. Damals hatte in Italien Innenminister Salvini das Heft noch fest in der Hand bezüglich Einwanderungspolitik. Er hielt die Mittelmeer-Route für die illegale Masseneinwanderung rigoros geschlossen. Und gleichzeitig sperrte Viktor Orban, nachdrücklich unterstützt von Österreich, die Balkan-Route – wofür ihn Brüssel fast täglich mit Schmäh und Schimpf überflutete.
Dass damals, im Juni, in der Schweiz illegale Masseneinwanderung dank Salvini und Orban kaum mehr stattfand, beruhigte die Bevölkerung: Die Masseneinwanderung verlor ihren Bedrohungscharakter.
Jetzt, spätestens seit September, steht Europa vor völlig anderer Situation: Salvini wurde von der Macht verdrängt. Italien zelebriert, Brüssel zuliebe, bereits wieder «Machet auf das Tor». Ob Österreich den rigorosen EinwanderungsStopp, den die ÖVP/FPÖ-Regierung durchgesetzt hat, nach dem Ausscheiden der FPÖ aus der Regierung aufrechterhalten kann, erscheint mehr als bloss fraglich. Nur Orban hält noch am Kurs der rigorosen Unterbindung der Masseneinwanderung fest.
Unterschlagung wichtigster Informationen
Dass sich diese Lageveränderung aus bereits im vergangenen Juni erhobenen Zahlen nicht ablesen lässt, ist offensichtlich. Dass die Präsentatoren und Interpreten der «letzten Umfrage» diese ihre Zahlen stark relativierende Lageveränderung den Zuschauern gegenüber völlig unerwähnt liessen, also bewusst unterschlugen, das entlarvt das Ziel, das die selbsternannten Meinungsmacher mit ihrer «letzten Umfrage» vor den Wahlen zu erreichen trachten.
In Anlehnung an Clausewitz ist man versucht zu sagen: Wählerumfragen – das ist Kampf um die Macht im Staat «mit anderen Mitteln».
Einmal mehr erweisen sich die Medien – alle grossen Medien koordiniert – als der Öffentlichkeit gegenüber nicht an Objektivität orientierte Berichterstatter. Sie wollen beeinflussen – notfalls mittels manipulativer «Interpretation». Ihr Ziel war und ist es, die seit Jahren wählerstärkste SVP und mit ihr jene Kräfte, die EU-Anbindung und Masseneinwanderung bekämpfen, zu schwächen – mit allen Mitteln und koste es was es wolle.
Die Macht des Wählers
Ihnen nicht genehme Tatsachen können die Medien zwar unterschlagen oder manipulieren. Noch aber sind sie nicht in der Lage, den Wählern eigenständige Entscheidungen beim Ausfüllen der Wahlzettel zu verunmöglichen. Es ist der Wähler, nicht der Interpret «letzter Umfragen», der schliesslich das Wahlresultat bestimmt. Die Demokratie lebt von ihre Verantwortung wahrnehmenden Wählern, nicht von Umfrage-Interpreten, die die Wähler mit tendenziösen Resultat-Auslegungen ins Bockshorn zu jagen versuchen.
Ulrich Schlüer
BRISANT vom 11. Oktober 2019 als PDF-Dokument herunterladen