Brisantes Gutachten zeigt auf: Das droht uns mit dem Zensurgesetz!

Rechtsgutachten zur Rassismus-Strafnorm
Am 9. Februar 2020 stimmt die Schweiz über die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm um das Kriterium der «sexuellen Orientierung» ab. Um in Erfahrung zu bringen, wie sich dieses «Zensurgesetz» konkret auf die Menschen in unserem Land auswirkt, hat die Stiftung Zukunft CH eine renommierte Rechtsanwältin beauftragt, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das fertige, fünfzig Seiten umfassende Gutachten liegt der «Schweizerzeit» vor. Die Erkenntnisse sind brisant und besorgniserregend. Wenn jetzt kein Ruck durch alle bürgerlich-christlichen Kreise geht, ist Hopfen und Malz verloren.
All jene, die im politischen Tiefschlaf vor sich hindösen und dieser Abstimmung zu wenig Beachtung schenken, seien gewarnt: Wer nicht für einen möglichst hohen Nein-Anteil kämpft, muss sich nicht beklagen, wenn gläubige Christen ab nächstem Februar en masse mit Klagewellen überzogen werden und die freie thematische Auseinandersetzung auf Jahre hinaus vergiftet wird.
Das Rechtsgutachten erstellt hat Frau Prof. Dr. Isabelle Häner, eine renommierte Rechtsanwältin mit freisinnigem Parteibuch, die seit Jahren für eine hochangesehene Kanzlei arbeitet. Ihr wurden 38 tatsächlich vorgekommene sowie fiktive Fälle zur Beurteilung vorgelegt. Prof. Häner und ihr Team beurteilten diese streng wissenschaftlich, betont nüchtern und sachlich. Als ausgewiesene Kapazität in Strafrechtsfragen kann ihr keinerlei Befangenheit angedichtet werden. All diese Faktoren verstärken das Gewicht des Rechtsgutachtens und machen es umso wertvoller und aussagekräftiger.
«Grundlegende Mängel»
Häner geht mit der Rassismus-Strafnorm und deren Erweiterung hart ins Gericht. Sie bestärkt die Haltung zahlreicher Juristen, welche der Strafnorm grundlegende Mängel attestieren:
«Es ist festzuhalten, dass auch die erweiterte Version von Art. 261bis StGB, (…), in gesetzestechnischer Hinsicht nicht überzeugt (…). Insbesondere die potenziellen Konflikte mit Grundrechten wie der Meinungsfreiheit oder auch der Glaubens- und Gewissensfreiheit würden aber eine äusserst präzise Formulierung von Art. 261 bis StGB erfordern. Im Hinblick auf die Erweiterung des Strafartikels durch das Merkmal der sexuellen Orientierung stellt sich sodann die Frage, ob, wo und wie sich der Staat in Glaubensdogmen der Kirchen einmischen können soll.»
In die gleiche Richtung argumentiert im Übrigen der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth, der Art. 261bis StGB in einem seiner Werke als «ein Lehrstück dafür» bezeichnet, «wie Strafrechtgesetzgebung nicht betrieben werden sollte.» Der Text weise «schwere Mängel» auf. So sei zum einen das Tatbestandsmerkmal der Menschenwürde nach dem Bestimmtheitsgebot im Strafrecht zu unpräzise und zum anderen unnötig und sogar kontraproduktiv, da der Schutz der Menschenwürde sowieso Zweck jeder Strafrechtsbestimmung sei.
Frühe Warner bestätigt
Schon vor der Einführung der Rassismus-Strafnorm im Jahr 1995 warnten bekanntlich hochrangige Strafrechtsexperten, dass die schludrigen und unpräzisen Formulierungen zu willkürlicher Auslegung führen würden. Erinnert sei beispielsweise an Strafrechtsprofessor Jörg Rehberg, der dem Bundesrat dannzumal vorgeworfen hat, schlecht gearbeitet zu haben. Wie Recht die Warner hatten, haben die letzten 25 Jahre leider eindrücklich bestätigt – die Rassismus-Strafnorm hat sich in unzähligen Fällen als missbräuchlich genutzte «Disziplinierungs-Grundlage» gegen Migrationskritiker offenbart. Auch wenn es immer wieder zu Freisprüchen gekommen ist – wurde erstmal eine Strafanzeige eingereicht und haben die Medien darüber berichtet, war der Reputationsschaden schon angerichtet.
Im Dezember 2018 legte das Parlament noch eine Schippe drauf, indem es entschieden hat, die Rassismus-Strafnorm mit «sexueller Orientierung» zu vermengen. Ein Komitee aus EDU, JSVP, Zukunft CH, HLI Schweiz und «Jugend und Familie» hat – mit Unterstützung der «Schweizerzeit» – dagegen das Referendum ergriffen. Am 9. Februar 2020 gelangt die Vorlage zur Abstimmung. Die Argumente des Komitees sind ersichtlich unter: zensurgesetz-nein.ch/argumente. Dank des Gutachtens von Prof. Isabelle Häner lässt sich nun bereits heute relativ klar abschätzen, wie sich diese unnötige Erweiterung auswirken dürfte. Die Gutachterin formuliert betont zurückhaltend, weil sie zu bedenken gibt, dass sie nur die potenzielle Strafbarkeit einschätzen könne. Den subjektiven Tatbestand und ob vorsätzliches Handeln zugrunde liegt, kann sie logischerweise nicht beurteilen.
Einschnitte in Gewissens- und Gewerbefreiheit
Besonders gravierend wären laut dem Gutachten die zu erwartenden Einschnitte in die Gewissens-, Glaubens- und Gewerbefreiheit durch Abs. 5 der Rassismus-Strafnorm (die sog. «Leistungsverweigerung»). Eine Organisation für Adoptionsvermittlung, die ihre Dienstleistungen nur heterosexuellen Paaren anbieten will, weil sie die Ansicht vertritt, dass Kinder idealerweise einen Vater und eine Mutter brauchen, müsste demnach ebenso mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen wie eine Partnervermittlungsplattform, bei der man nur nach Partnern des entgegengesetzten Geschlechts suchen kann. Der Konditor, der aus Gewissensgründen keine Torte für eine gleichgeschlechtliche Hochzeitsfeier backen möchte, könnte genauso ins Visier der Strafverfolgung geraten wie die Kirchgemeinde, die einen Organisten, Sakristan oder Seelsorger nicht anstellen will, weil er in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, und diese Lebensweise dem Ethos der betreffenden Kirche widerspricht.
Bezogen auf den konkreten Fall des Konditors geht Häner davon aus, dass die Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe aus «Gewissensgründen» nicht als sachlicher Grund für eine Leistungsverweigerung gelten dürfte, «zumal ansonsten Artikel 261 bis Abs. 5 StGB mit Berufung auf das Gewissen vollständig ausgehebelt werden könnte.» Im Klartext kommt dies einer Kriminalisierung sämtlicher religiös oder mit dem Gewissen begründeter Leistungsablehnungen gleich. Wer aus Gewissens- oder Glaubensgründen keine Dienstleistungen für die LGBT-Agenda tätigen möchte und sich auf verinnerlichte christlich-biblische Werte bezieht, dem drohen mit dem Zensurgesetz «Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe». Es handelt sich also bei Weitem nicht um ein Kavaliersdelikt!
Strafbare Fälle
Bestraft werden könnten laut dem Gutachten künftig auch:
- Restaurants, die ihre Räume nicht für gleichgeschlechtliche Hochzeitsfeiern oder LGBT[1]-Anlässe (z.B. eine Sitzung einer LGBT-Organisation) zur Verfügung stellen. Gemäss Häner ein «klassischer Fall der sogenannten negativen Diskriminierung». Eine Ablehnung müsse «einem legitimen Ziel dienen und verhältnismässig sein». Dies in Bezug auf LGBT begründen zu können, ist faktisch ausgeschlossen (Kommentar des Autors).
- Nach christlichen Grundsätzen geführte Hotels, die in ihrer Hausordnung stehen haben, dass sie Doppelzimmer nur an verheiratete heterosexuelle Paare vermieten. Das Rechtsgutachten führt aus, wie die Strafbarkeit begründet werden dürfte: «Durch die Kundgebung der Absicht, eine öffentliche und sich an die Allgemeinheit richtende Leistung lediglich an verheiratete heterosexuelle Paare zu erbringen, wird implizit die Minderwertigkeit bzw. Minderberechtigung von Homosexuellen zum Ausdruck gebracht.»
- Wohnungsvermieter, die ihre Wohnung nicht an gleichgeschlechtliche Paare vermieten wollen.
- Bierlieferanten, welche die Bestellung der Organisatoren eines Queer-Festivals ablehnen, mit der Begründung, dass sie den gleichgeschlechtlichen Lebensstil nicht unterstützen möchten. Kommentar des Gutachtens: «Die vom Bierlieferanten angeführte Begründung wird als sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung nicht dienen.»
Bischof von Sion im Visier
Nach dem neuen Zensurgesetz hätte sich wahrscheinlich auch der Bischof von Sion, Jean-Marie Lovey, strafbar gemacht. Dies für eine im Jahr 2015 in einem Zeitungsinterview gemachte Äusserung, Homosexualität sei eine «Schwäche der Natur», die «geheilt werden kann». Sollte er diese auf christliche Lehren bezogene Aussage künftig erneut tätigen, müsste er mit einer Verurteilung rechnen – vorausgesetzt, es kann ihm der Vorsatz nachgewiesen werden. Dann wäre möglicherweise die Strafbarkeit nicht nur wegen einfacher Diskriminierung nach Absatz 4 gegeben, sondern auch «wegen öffentlicher Verbreitung einer Ideologie», die auf die «systematische Herabsetzung» der Angehörigen einer sexuellen Orientierung ausgerichtet ist (Absatz 2).
Schon vor Monaten angekündigt haben LGBT-Verbände, dass sie die neue Strafnorm auch aus dem Grund anstreben, um Äusserungen, wie sie der abgetretene Churer Bischof Vitus Huonder 2018 getätigt hatte, unter Strafe zu stellen. Huonder zitierte in einem Vortrag mehrere Passagen aus dem Alten Testament zur Ehe, Sexualität und Familie, die ihm einige als «homophob» ausgelegt haben. Inwiefern der katholische Katechismus, gemäss dem «homosexuelle Handlungen in keinem Fall zu billigen» sind, künftig mit der Strafnorm in Konflikt gerät, müsste Vertreter von Landes- und Freikirchen brennend interessieren. Wetten, dass es nicht lange dauern wird, bis die ersten Strafverfahren gegen Priester und Pastoren wegen deren Predigten angestrebt werden?
Landeskirchen im Tiefschlaf
Doch wo bleibt der Protest der Landeskirchen? Sie verkennen die hochpolitische Dimension der erweiterten Strafnorm. Lieber beschäftigen sich viele Funktionäre mit sich selbst und überbieten sich laufend mit Anbiederungen an den Zeitgeist. Exponenten der reformierten Kirche legen sich gar mit den Befürwortern des Zensurgesetzes ins Bett und sind gemeinsam mit LGBT-Vertretern an der Medienkonferenz des Ja-Komitees aufgetreten. Wie weit kann Selbstverleugnung noch gehen?
Nicht nur die Kirchen müssten Alarm schlagen, sondern auch die Parteien. Dazu sei das Beispiel des gestandenen Zürcher alt Nationalrats Toni Bortoluzzi erwähnt. Wäre die zurecht als «Zensurgesetz» kritisierte erweiterte Rassismus-Strafnorm bereits in Kraft gewesen, hätte sich Bortoluzzi mit seiner Äusserung, Homosexuelle hätten einen «Hirnlappen, der verkehrt verläuft», eventuell auch strafbar gemacht. Laut Gutachten könnte die Aussage «durchaus so eingestuft werden, als dass die gleichwertige Stellung den homosexuellen Menschen grundsätzlich abgesprochen wird».
Drohende Klagewellen
Die bisherigen Erfahrungen mit der Rassismus-Strafnorm haben gezeigt, dass sich nicht wenige Interessengruppen oder Einzelpersonen einen Sport daraus machen, in organisierter Form Strafanzeigen zu erstatten. Es handelt sich meist um politische Akteure, die ihren Gegnern mit der «Rassismuskeule» gezielt schaden wollen. Es ist deshalb damit zu rechnen, dass diese Hexenjagden noch mehr zunehmen und LGBT-Verbände oder Aktivisten bewusst Jagd auf Bürger machen, die sich am Stammtisch, in den sozialen Medien oder im politischen Wettbewerb kritisch zu Homo- und Bisexualität äussern oder vielleicht mal einen etwas derben Witz reissen.
Da die Rassismus-Strafnorm ein Offizialdelikt ist, müsste die Strafverfolgung in jedem Fall Untersuchungen einleiten, sobald sie Kenntnis von einem Fall nimmt. Allein die latente Androhung einer Strafanzeige würde wie ein Damoklesschwert über der demokratischen Auseinandersetzung schweben, was bei vielen Bürgern zu einer «Schere im Kopf» (Selbstzensur) führen wird.
Noch haben wir es in der Hand, diese Szenarien abzuwenden.
Anian Liebrand
Nähere Infos zur Kampagne: www.zensurgesetz-nein.ch
[1] LGBT: Abkürzung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender.
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