Bundesrat: Fakten und Spekulationen

Weil die Welschen aller Parteien geschlossen für Elisabeth Baume-Schneider gestimmt hätten, habe sie die Favoritin Eva Herzog im entscheidenden Wahlgang geschlagen – vernimmt man aus dem Bundeshaus weitgehend geschlossen.
Ein anderes Motiv dürfte indessen ebenfalls für das für die Medien überraschende Resultat verantwortlich sein: Viele Welsche, aber auch Räte aus anderen Kantonen wollten dem Gewerkschafts-Chef Pierre-Yves Maillard den Weg in den Bundesrat ein- für allemal versperren; er wäre, sobald Alain Berset zurücktritt, zweifellos in der SP der Kronfavorit für dessen Nachfolge gewesen.
SP auf Schleuderkurs
Jetzt aber ist der welsche-SP Sitz durch eine Frau besetzt, so dass die Genossen höchstens noch einem Mann aus der Deutschschweiz die Gnade des Aufgestellt-Werdens einräumen werden. Und Zürich, wirtschaftlich mit Abstand der stärkste Kanton der Schweiz, ist ab kommendem Jahr in der Landesregierung nicht mehr vertreten. Aus dieser Ausgangslage spricht alles dafür, dass in einem Jahr für Daniel Jositsch, den Zürcher SP-Ständerat, die Stunde doch noch einmal schlagen könnte. Denn Alain Berset, mit miserablem Resultat für 2023 ins Amt des Bundespräsidenten gehievt, wird sich, nachdem ihm der angestrebte Wechsel ins Finanzdepartement misslungen ist, kaum mehr länger als bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt halten können.
Aus heutiger Sicht könnte Daniel Jositsch nur noch ein einziger Konkurrent gefährlich werden, der sich allerdings mit der SP ebenfalls überworfen hat: Militär- und Polizeidirektor Mario Fehr, derzeit für die in Zürich anstehenden Regierungsratswahlen als Parteiloser kandidierend. Den roten Genossen dürften herrliche Stunden der Ausmarchung bevorstehen…
Maillard abgesägt
Für die Schweiz bleibt eine wichtige Frage offen: Wie wird sich Gewerkschafts-Chef Pierre-Yves Maillard, dem der Weg in den Bundesrat auch von Exponenten der eigenen Partei verwehrt wird, künftig in Sachen EU-Politik verhalten?
Nachdem Pierre-Yves Maillard wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Bundesrat die Aussichtslosigkeit eines Abstimmungskampfes um den der Schweiz von der EU verordneten Rahmenvertrag einsehen musste, stellt sich die Frage: Wie wird Pierre-Yves Maillard den in Richtung Brüssel stürmenden roten Parteigenossen künftig begegnen? Wird er Arbeiterrechte schmälernde Einbindung der Schweiz in den EU-Apparat weiterhin energisch bekämpfen? Rücksicht auf Parteigenossen braucht er ja keine mehr zu nehmen.
Albert Rösti im Energiedepartement
Wegweisend für die Schweiz ist die Tatsache, dass sich der neugewählte SVP-Bundesrat Albert Rösti auf Anhieb sein Wunschdepartement erkämpfen konnte: Energie und Verkehr. Zweifellos das Schlüsseldepartement in den nächsten Jahren, in welches Bundesrat Rösti mit wohlgefülltem Rucksack an Wissen, Kenntnissen und Erfahrung eintreten kann. Gelingt es ihm, die seit Jahren dominierende wirtschaftsfeindliche Ideologisierung der Schweizer Energieversorgung in vernünftige Bahnen zu lenken? Wird sich seine praxisbezogene Erfahrung durchsetzen?
Bundesrat Rösti weiss um die Bedeutung gesicherter Energieversorgung für die Schweizer Volkswirtschaft und für den Wohlstand der Schweizerinnen und Schweizer. Wird er sein Departement neu ausrichten können – wirtschaftsfördernd statt wirtschaftszerstörend?
Links-Grün hat den Kampf gegen Rösti bereits eröffnet: Der grün-linke Amoklauf gegen realistische Energiepolitik, wie sie mit Albert Rösti Tatsache werden kann, wird der Schweiz nicht erspart bleiben. Wird es Bundesrat Rösti gelingen, die Ideologen in seinem Departement, von Simonetta Sommaruga sorgfältig herangezüchtet, aus den Schlüsselpositionen zu entfernen?
SVP und FDP
Dass Rösti sein Wunschdepartement erhalten konnte, beruhte zweifellos auf einer Abmachung, die der Freisinnigen Karin Keller-Sutter das Finanzdepartement sicherte. Wird dieser SVP-FDP-Schulterschluss von Dauer sein?
Bundesrätin Keller-Sutter wird im Finanzdepartement ihre Handlungsbereitschaft und Handlungsfähigkeit beweisen müssen, nachdem sie bis heute im Justizdepartement in Sachen Masseneinwanderung und Asylmissbrauch alle Zügel schlicht und einfach schleifen liess.
Werden die Zeiten schwieriger, ist Finanzdisziplin um so wichtiger. Ob die neue Departements-Chefin diese durchsetzen kann – daran wird sie gemessen werden.
Und ausserdem
Auch Bundesrätin Baume-Schneider, Nachfolgerin von Keller-Sutter im Justizdepartement, wird vom ersten Regierungstag an hart gefordert sein. Wird sie das Chaos in der Asylpolitik meistern, das kategorische Nein zu tausendfachem Asylmissbrauch durchsetzen? Oder will sie weiterhin so tun, als hätte ungezügelte Masseneinwanderung nichts zu tun mit steigendem Stromkonsum, mit steigendem Energieverbrauch.
Abzufinden hat sich die Öffentlichkeit damit, dass Ignazio Cassis weiterhin mit freundlicher Profillosigkeit die Aussen- und die Neutralitätspolitik der Schweiz ziellosem Zickzack ausliefert. Und dass Viola Amherd weiterhin der Frauenfrage mehr Gewicht beimisst als der Sicherheit des Landes.
Ein Trost bleibt immerhin: Alain Berset – unfähig, unehrlich, untüchtig – müssen die Schweizerinnen und Schweizer höchstens noch während eines Jahrs ertragen.