Demokratie in Bedrängnis

Die Demokratie müsste eigentlich sicherstellen, dass die Bedürfnisse der Menschen das politische Geschehen bestimmen.
Am Gedeihen des eigenen Landes interessierte Menschen organisieren sich in Parteien. In den Parteien kämpfen sie um Parteiprogramme. Je konsequenter Parteiprogramme die wirklichen Bedürfnisse der Menschen zum Ausdruck bringen, desto spektakulärere Wahlerfolge winken der hinter solchem Programm stehenden Partei – auf dass die Anliegen des Parteiprogramms im Parlament – in der Direkten Demokratie auch in Volksabstimmungen – zum Ausdruck gebracht und durchgesetzt werden.
So funktioniert der demokratische Staat – zumindest in der Theorie. Angesichts der heute die politische Agenda bestimmenden Kräfte verkommt diese Theorie allerdings zur unwirklichen Idylle – nur noch Demokratie-Träumer beglückend.
Themensetzung am Beispiel «Biodiversität»
Heute spielt sich die Themensetzung für das politische Handeln deutlich anders ab. Zum Modethema für Regierungen und Parlamente – beeinflusst von pompös aufgezogenen internationalen Konferenzen – entwickelt sich derzeit das Anliegen «Biodiversität». Wie es in den Mittelpunkt gelangt ist, illustriert die heutige Praxis politischer Themensetzung beispielhaft.
Der Ruf nach Achtung der Biodiversität lebt davon, dass aus dem seit Jahrzehnten anhaltenden Bevölkerungswachstum auch der Bedarf nach massiver Steigerung der Nahrungsmittelproduktion erwächst – was dazu zwingt, wesentlich mehr Fläche als früher für den Lebensmittel- und Düngeranbau zu bearbeiten. Weite Flächen, die früher sich selbst überlassen worden sind, kommen so unter den Pflug. Und der Einsatz von Natur- und Kunstdünger sorgt dafür, dass der Ertrag pro Flächeneinheit laufend steigt. Dass diese Art der Bedarfsdeckung mit Nahrungsmitteln die Biodiversität, die Vielfalt von natürlich wachsenden Pflanzen, von Insekten, Vögeln, von Klein- und Grosstieren stark beeinflusst, ist unbestritten.
Politische Ausschlachtung
Bestimmte Interessenvertreter, die diese Vorgänge zu politischer Einflussnahme nutzen und dafür Öffentlichkeit mobilisieren wollen, organisieren sich in NGOs (Nichtregierungsorganisationen). Diese suchen von allem Anfang an, die Medien einerseits, die Funktionärskartelle aller Ebenen andererseits zu beeinflussen.
Mit dem Anliegen Biodiversität gelang es ihnen, die Uno für eine mit allem Pomp ausgestattete Weltkonferenz zu gewinnen. Die Uno-Funktionäre tagten. Auf Gleichschaltung Aller bedacht, fassten sie den Beschluss, dass sämtliche Länder des Erdballs – ob Wüsten- oder Gebirgsländer, ob Steppenland, ob fruchtbar oder aber alljährlich von Beeinträchtigungen durch Naturereignisse (zum Beispiele Taifune) heimgesucht – einen Drittel ihrer Landfläche der Biodiversität zu überlassen haben, der Nahrungsmittelproduktion also entziehen müssen.
Von Funktionären und Medien für diesen «Verhandlungserfolg» weltumspannend beglückwünscht, machten sich die Funktionärskasten wenigstens in einigen wirtschaftlich führenden Ländern sofort daran, das Uno-Ziel auf Landesebene umzusetzen.
Auch Länder, deren Verwaltungen eigentlich erst aktiv werden können, wenn sie von Bürgern gemäss den geltenden Regeln der Demokratie dazu aufgefordert werden, begannen verzugslos – ohne jeden demokratischen Auftrag – Flächen festzulegen, die den Biodiversitäts-Anliegen dienstbar zu machen seien. Viele andere Länder pflegen Uno-Resolutionen, denen ihre Funktionäre zwar zugestimmt haben, notorisch einfach als Regeln stehen zu lassen – ohne je an deren Umsetzung zu denken.
Bundesbern zieht mit
Auch in der den Regeln der Direkten Demokratie unterstellten Schweiz reagierten die Funktionäre auf Ebene Bund sofort. Und die kantonalen Funktionäre zogen flugs nach: Munter werden Flächen fruchtbaren Landwirtschaftslandes ausgeschieden – vor allem mit dem Ziel der Versumpfung, der Moorbildung.
Die Eigentümer der zu solchem Zweck ausgeschiedenen Landwirtschaftsflächen wurden bis heute nicht einmal kontaktiert. Sie dürfen – obwohl ihnen das Eigentumsrecht per Verfassung garantiert ist – aus den Medien erfahren, wie und wo Bundesberns Funktionäre über ihr Eigentum und über ihre Existenz verfügen.
Kampf – oder Krieg – um Nahrungsmittel
Was wäre denn – grenzüberschreitend – die Folge, wenn der Bürokraten-Ukas zur Biodiversität, welcher der Landwirtschaft einen Drittel bisher bearbeiteten Bodens entziehen will, tatsächlich umgesetzt würde? Der Importbedarf für Lebensmittel würde – vor allem in den wirtschaftlich erfolgreicheren Ländern des Westens – massiv zunehmen. Der Kampf um Getreide, der Kampf um Kartoffeln, der Kampf um alle elementar benötigten Lebensmittel würde sich dramatisch verschärfen. Und zweifellos würden die westlichen Länder im weltweiten Preiskampf zu Lasten der weniger potenten Drittweltländer obsiegen.
Dabei leiden nicht wenige Drittweltländer schon heute unter Lebensmittelmangel – ein Ende der Bevölkerungsexplosion ist schliesslich nicht abzusehen. Damit werden weitere Heerscharen von Funktionären aktiv werden: Von den Staatsbürokratien mobilisierte Entwicklungshilfe-Funktionäre, welche, unterstützt von allen Medien, weltweit umfassende Umverteilung zugunsten notleidender Drittweltländer unablässig fordern und teilweise auch umsetzen werden. Angesichts der Zahlungsfähigkeit der entwickelten Länder mit absehbar wenig Erfolg – auch deshalb, weil Aufträge an Entwicklungshilfe-Funktionäre seit Jahrzehnten mit der Zusicherung erteilt werden, sie könnten ihre Arbeit «ergebnisoffen» – also ohne bindenden Leistungsauftrag – entfalten. Damit werden erfolglose Funktionäre ganz automatisch auf den Pfad geleitet, auf dem sie in allererster Priorität lautstark die Ernennung und Entsendung weiterer Funktionäre fordern – einem Perpetuum mobile gleich.
Demokratie wird liquidiert
Abgesehen davon, dass die drastische Zunahme von Lebensmitteltransporten rund um den Erdball kaum als sehr umweltfreundlich eingeschätzt werden kann, werden auf diese Weise demokratische Grundregeln recht eigentlich mit Füssen getreten. Wo Funktionären das Handeln überlassen wird, werden Exekutivpolitiker vom Format beispielsweise einer Ursula von der Leyen zwar durchaus noch geduldet – als «Ankündiger» grossartiger Programme und als Beschöniger und Lobredner weitgehend missglückter, also resultatloser Aktionen.
Die Entscheidungen aber treffen Funktionäre. Sie bemächtigen sich der Durchsetzungsgewalt, der Macht auf allen Ebenen. Demokratische Regeln sind für sie Makulatur. Sie nisten sich ein an den Schlüsselstellen der internationalen Organisationen und treffen von dort Entscheidungen, welche von keinem Parlament bewilligt werden müssen. Regeln – vor allem auch Regeln des Finanzhaushalts – werden der demokratischen Kontrolle rigoros entzogen, ja zunehmend der Lächerlichkeit preisgegeben.