Desaster-Architekten im Stummfilm-Modus

Im Vorfeld der Abstimmung über das Energie-Gesetz 2050, also im Jahr 2015, haben alle Parteien – mit Ausnahme der SVP – die Vorlage befürwortet, welche das einer liberalen Gesellschaft unwürdige Technologieverbot miteinschloss. Damals wollte Links-Grün die produzierenden Kernkraftwerke sofort abstellen; demgegenüber bettelt sie heute, die verbliebenen Werke so lange wie möglich laufen zu laufen. Eine volle 180-Grad-Wende und keinerlei Entschuldigung, dass ihre «weisen» Voraussichten zur Energiewandlung aus Sonne und Wind kolossal gescheitert sind, um jetzt mit erheblichen Mehrkosten für alle Energieformen die Bevölkerung finanziell massiv zu belasten.
Die bundesrätliche Kostenprognose von vierzig Franken pro Kopf und Jahr wurde vom Bundesamt für Energiewirtschaft (BFE) bereits auf 360 Franken korrigiert. Auch dieser Betrag wird nicht reichen. Jetzt den Ukraine-Krieg dafür verantwortlich zu machen, ist ein reines Ablenkungsmanöver, das die Unfähigkeit zur Vorausplanung massgeblicher politischer Kreise verschleiern soll. Der Krieg kann für die Stromlücke nicht als Ursache gelten; er hat sie lediglich brachial beschleunigt. Wir brauchen Politiker, die Kilowatt (kW) von Kilowattstunden (kWh) unterscheiden können und die thermodynamischen Grundsätze kennen, keine Moralisten, keine Interessenvertreter der Solar-Industrie. In Bern tummeln sich allzu viele Google-Experten. Ein Tag ohne Strom kostet die Schweizer Wirtschaft gegen 4,5 Milliarden Franken. Demgegenüber waren die anlässlich der Corona-Pandemie entstandenen Aufwendungen geradezu ein laues Lüftchen.
Wie konnte es überhaupt so weit kommen?
Nach der Besetzung des für das Kernkraftwerk Kaiseraugst geplanten Bauplatzes (1975), das nicht gebaut werden konnte, setzte die Schweiz stark auf Importe, schloss die schweizerische Energiewirtschaft doch fixe Abnahmeverträge mit französischen Netzbetreibern wie Fessenheim, Bugey und Cattenom ab. Ab den 1990er-Jahren kam bis zu zweieinhalbmal so viel Strom aus Frankreich wie ein einzelnes Kernkraftwerk in der Schweiz zu liefern imstande war. «Kaiseraugst» war also quasi im Ausland gebaut worden. Das liess vergessen, dass die Schweiz den angemessenen Ausbau eigener Strominfrastrukturen versäumt hatte. Auf Importe kann sich die Schweiz zukünftig nicht mehr verlassen. Und Grosskraftwerke lassen sich in so kurzer Zeit kaum realisieren.
Die Schweiz im Jahr 1994
Das Basler Forschungsinstitut Prognos, das häufig im Auftrag des Bundes arbeitet, veröffentlichte eine Studie mit dem Titel «Energieperspektiven 1990 bis 2030». Diese Studie hielt fest: «Längerfristig zeigt sich eine grosse Deckungslücke bei der Elektrizitätsversorgung.»
Man hat es also gewusst – mindestens seit 28 Jahren. Die Prognos-Studie wurde 1994 von linker Seite allerdings mit Hohn aufgenommen. «Völliger Blödsinn», kommentierte die Umweltorganisation Greenpeace. Von einem «Luftballon» sprach Kurt Marti von der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES), die eine linke Agenda verfolgt. Die Studie baue auf «konservativen Rahmenbedingungen» auf. Im November 1994, also wenige Monate später, setzten die Umweltverbände einen eigenen Bericht in Umlauf. «Das grösste Energiepotenzial liegt im Sparen», hiess es darin. Rund ein Drittel des Stromverbrauchs lasse sich vermeiden – durch Massnahmen wie beispielsweise einem Deckel auf dem Kochtopf (legendäre «Eierkoch-Kultaktion» mit Bundesrat Adolf Ogi 1988 am Schweizer Fernsehen zur besten Sendezeit).
Wir hätten also genügend Zeit gehabt, um unsere Elektro-Hausaufgaben zu machen. Getreu dem Motto: Das Geld kommt aus dem Bankomaten, der Strom aus der Steckdose und das Wasser aus der Röhre. Wo haben wir denn ein Problem? Man hatte sich aufs Geldausgeben und auf den Energie-Einkauf im Ausland konzentriert. Wir haben ein gesellschaftliches Problem, es geht uns zu gut, und wir lassen unsere Tugenden wie Sparsamkeit, Fleiss, Verlässlichkeit, Bildung und Qualität einfach fallen. Wir leben vom Erbe unserer Ahnen und Urahnen. Ein wesentlicher Teil unserer Gesellschaft gehört zur dekadenten Vollkasko-Mentalität-Wohlfühlschickeria. Jetzt muss Need to have vor Nice to have kommen.
Jede Wärmepumpe und jedes E-Auto, die/das zusätzlich ans Netz genommen wird, beschleunigt die Strommangellage extrem. Der nächste Winter kommt bestimmt. Wir sitzen auf unserer Erdkruste auf mehreren hundert Grad warmem Untergrund und nutzen dieses Potenzial nicht. Ein auf der Richterskala gemessener Bergschlag von 3,2 liess das innovative Basler Geothermie-Projekt abrupt sterben. In Japan gehören solche Erschütterungen zur Tagesordnung. Eine Geothermie-Strategie fehlt in der Schweiz.
Deshalb braucht es einen Energie-General! Denn wir stehen einer Notsituation gegenüber, die von Links-Grün (mit gütiger Hilfe einiger bürgerlicher Parlamentarier und eines falsch informierten Souveräns) verursacht wurde. Es fehlt an Übersicht und magistraler Führung. BFE, ELCOM, EWs, Swissgrid, Ostral, zwei Departemente – und keiner ist verantwortlich. Das Schwarz-Peter-Spiel hat bereits begonnen. Wann gehen den Bürgern und den Verantwortlichen endlich die Augen auf? Ich hoffe, nicht erst wie bei den Kartoffeln, wenn wir im Dunkeln (Dreck) stecken.
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