Faktenchecker

In den vergangenen Jahren ist in der Medienwelt ein neuer Beruf entstanden: Der Faktenchecker. Die Idee dahinter: Er sollte Journalisten dabei helfen, Behauptungen gründlich auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Faktenchecks sollten eigentlich Journalisten schützen, damit diese keine «Fake News» verbreiten. Faktenchecker sehen sich nach eigenem Dafürhalten auf das Gemeinwohl ausgerichtet. Sie sind gute Menschen, nicht gewinnorientiert. Heute gibt es weltweit über hundert Faktencheck-Webseiten und Organisationen. Häufig werden sie von Regierungsstellen und mächtigen Stiftungen finanziell unterstützt.
Die Sache mit der Wahrheit
Informationen können aus vielen Gründen falsch oder irreführend sein: Der Absender kann erstens lügen: Er weiss, dass seine Botschaft falsch ist.
Variante zwei: Der Absender sagt nicht die Wahrheit, weil er die Fakten nicht kennt. Vielleicht glaubt er sogar, dass er die Wahrheit sagt. Die Übergänge sind fliessend. Er kann die Fakten auch nicht kennen wollen.
Sehr beliebt ist heute eine dritte Version: Der Absender sagt nicht die ganze Wahrheit. Im Gegenteil: Er verschweigt alles, was seinen Interessen (oder seinem Auftraggeber) schaden würde.
Würde ein Faktenchecker seine Tätigkeit wirklich und ausschliesslich auf das Gemeinwohl und die Wahrheit ausrichten, müsste er der Eidesformel folgen und immer «die Wahrheit, nichts als die Wahrheit, die ganze Wahrheit» berichten. Das ist eine durchaus unrealistische Anforderung. Faktenchecker sind halt auch nur Menschen.
Schön wär’s
Die Faktenchecker haben ihre Jungfräulichkeit verloren, bevor sie ihre Arbeit ernsthaft aufgenommen haben.
Heute müsste es beim Faktenchecking eigentlich nicht um den Schutz der Journalisten gehen, sondern um den Schutz der Informationsempfänger vor den Journalisten und anderen Autoren. Und vor allem sollten die Leser geschützt werden vor den Regierenden und anderen Mächtigen. Viele Medienleute sind eher Täter im Dienste der Mächtigen, und nicht deren Opfer.
Medien in den Diensten der Regierungen
Spätestens seit die Aussage von Ringier-CEO Marc Walder publik wurde, dass es die bewusste Haltung des Medienhauses sei, in der Covid-Pandemie die Politik der Regierungen zu unterstützen, ist der Lack ganz ab. Als Erklärung fügte Walder bei, man wolle keinen Keil zwischen Volk und Regierungen treiben. Sieht so eine «gründliche Überprüfung auf ihren Wahrheitsgehalt» aus?
Seit wir jetzt auch noch wissen, dass Bundesrat Alain Berset uns belogen hat, als er wider besseres Wissen erklärte, COVID-Geimpfte würden das Virus nicht an Dritte übertragen, weiss auch der Letzte, ob er faktencheckenden Medien vertrauen kann oder nicht. Ringier hat sich zum Diener eines Politikers gemacht, der zur Rechtfertigung des faktischen Zertifikatszwangs (2D-Regel) und zum erfolgreichen Abstimmungsergebnis über die Revision des COVID-19-Gesetzes die Fakten frei erfunden hat.
Natürlich ist Ringier nicht das einzige Medium, und die Coronageschichte ist nicht der einzige Anlass, die zeigen, dass die Leser, Zuhörer und Zuschauer von den Medien nicht erwarten sollten, die Fakten wahrheitsgetreu vermittelt zu erhalten. Aber besonders krass ist das Beispiel für schweizerische Verhältnisse schon. Dass es in mehreren westlichen Ländern noch viel schlimmer ist als in der Schweiz, ist ein kleiner Trost.
Die EU und Russland
Die Regierungen üben ihren Einfluss auf die Information der Bevölkerung nicht nur über wohlgesinnte und wohlsubventionierte Medien aus, sondern auch sehr direkt.Die EU hat den russischen Staatssender RT im März 2022 im Internet gesperrt. Die Zuschauer sollten gar nicht mit einer anderen Sicht vertraut werden.
Zudem hat die EU RT auch aus den Sozialen Medien Facebook, Instagram, TikTok, Twitter, YouTube und Telegram verbannt. Die Einschränkung der Informationsfreiheit wird damit begründet, dass die Menschen in den EU-Ländern nicht im Stande wären, Informationen von Propaganda zu unterscheiden.
Die Sozialen Medien
Eine grosse Rolle spielen heute bei der Informationsvermittlung die Sozialen Medien. Facebook, YouTube, Instagram, TikTok haben je über eine Milliarde aktive Nutzer weltweit, Twitter kommt auf rund fünfhundert Millionen. Auch wenn Soziale Medien selbst keine Informationen produzieren, ist ihr Einfluss auf die Teilnehmer oft grösser als derjenige der traditionellen Medien.
Und sie nutzen diesen Einfluss bewusst und gezielt aus. Berühmt ist die Sperrung des Twitter-Zugangs von Donald Trump anfangs 2021. Kürzlich wurde die Sperre aufgehoben. Ein ähnlicher (wenn auch kürzerer) Schicksalsschlag traf am 9. Oktober Roger Köppel. Seine Tweets hätten Hass geschürt und diskriminiert. Auch er ist wieder entsperrt. Ob man Donald Trump und Roger Köppel mag oder nicht: Unter dem Aspekt der persönlichen Freiheit ist deren Sperrung des Teufels.
Der Index Romanus und das Internet
Die Faktenchecker spielen ihren Einfluss auch im Internet aus. Am 1. November startete unter dem Namen GADMO eine grosse europäische Zusammenarbeit zur «koordinierten Bekämpfung von Falschbehauptungen und Desinformations-Kampagnen im Internet». Mit GADMO besteht das Netzwerk künftig aus neun regionalen Zentren, die in siebzehn Ländern Europas aktiv sind. Die EU-Kommission fördert diese Initiative. Da werden es EU-kritische Informationen bei GADMO wohl eher schwer haben.
Die Aktionen der EU erinnern an eine alte europäische Tradition: Den Index Romanus. Dies war ein Verzeichnis der römischen Inquisition, das die Bücher auflistete, deren Lektüre in der katholischen Kirche als schwere Sünde galt. Erstmals erschien das Verzeichnis 1559, seine letzte amtliche Ausgabe datiert von 1948 mit Nachträgen bis 1962.
Auf dem Index standen die Werke von rund tausend Autoren – darunter Galileo Galilei und René Descartes, zwei der ganz grossen Begründer der neuzeitlichen exakten Naturwissenschaften.
Meine Faktencheckliste
Diese Fakten lassen uns etwas ratlos bei der Antwort auf die Frage: Wie kann ich Behauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen? Die Aufgabe ist nicht delegierbar. Ich muss mir selbst ein Urteil bilden. Die folgende Checkliste kann dabei behilflich sein:
Erste Frage: Ist das Thema für mich wirklich wichtig? Wenn nicht, kann ich mir den Faktencheck sparen.
Zweitens gilt die Regel «Trau, schau, wem». Kenne ich die Quelle? Ist sie verlässlich?
Dritte Aufgabe: Suche auch gegensätzliche Meinungen und Quellen. Du findest sie.
Stell’ viertens die Frage: Cui bono? Wem nützt das Berichtete?
Und fünftens ist zu fragen: Ist alles, was da berichtet wird, auch plausibel?