Haben Sie Bitcoin? Dann haben Sie Glück gehabt. Vielleicht sind Sie glücklich, hoffentlich zufrieden. Ich bin zufrieden, habe aber keine Bitcoins.
Der Bitcoin ist seit Anfang Jahr bis Mitte Dezember von 44’000 $ auf 100’000 $ um über hundert Prozent gestiegen. Vielleicht haben Sie gegen Ende Juli Ihre Bitcoins bei 68’000 $ gekauft. In einem steilen Anstieg war sein Preis in weniger als einem Monat um zwanzig Prozent gestiegen. Vielleicht war dieser Kauf keine gute Idee, denn einige Tage später war der Preis wieder zwanzig Prozent gefallen. Vielleicht haben Sie genervt wieder verkauft. Hätten Sie die Nerven behalten, zeigte ihre Buchhaltung jetzt einen Gewinn von rund fünfzig Prozent.
Bitcoin, Blockchain und Wallet
Bitcoin ist digitales Geld im Internet und dabei die wichtigste Krypto-Währung der Welt. Sein Marktanteil am gesamten Krypto-Markt liegt bei über fünfzig Prozent. Die nächstgrösste Krypto-Währung ist Ethereum mit rund zwölf Prozent Marktanteil. Dann folgt ein grosses und wachsendes Feld von vielen Weiteren.
Bitcoin wurde anfangs 2009 als «digitales Geld» geschaffen. Der erste Preis für einen Bitcoin betrug 0,0008 US-Dollar. Mit einem Dollar hätte man rund 1300 Bitcoins kaufen können.
Alle Bitcoins und deren Transaktionen sind auf einer Blockchain, einem dezentralen, digitalen Inventar unveränderlich aufgezeichnet. Diese werden auf vielen Computern weltweit gespeichert und laufend aktualisiert. Die verteilten Computer arbeiten in einem Netzwerk zusammen, um die Integrität und Sicherheit der Blockchain zu gewährleisten.
Wenn ich Bitcoins kaufe, speichere ich einen privaten Schlüssel in meiner digitalen Brieftasche, dem Wallet. Mit diesem Schlüssel kann ich auf meine Bitcoins zugreifen und Transaktionen durchführen. Verliere ich den Schlüssel, verliere ich die Bitcoins.
Krypto
Der Name «Krypto» ist abgeleitet aus dem Wort Kryptographie. Das ist die Wissenschaft von der Verschlüsselung und Entschlüsselung von Informationen, um deren Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität zu gewährleisten. Berühmt wurde die Kryptographie im Zweiten Weltkrieg, als es den Briten gelang, die Enigma-Verschlüsselung der deutschen Streitkräfte zu entschlüsseln. Massgeblich beteiligt am Erfolg war der berühmte Mathematiker Alan Turing. Diese kryptographische Leistung hatte erheblichen Einfluss auf den Verlauf des Krieges.
Ende der Vision DeFi
Kryptos sind ein Teil von «DeFi», der Vision von Decentralized Finance. Man wollte Finanzdienstleistungen auf Basis von Blockchain-Technologie und Kryptowährungen dezentralisieren, so dass traditionelle Finanzintermediäre wie beispielsweise Banken, Börsen und Broker überflüssig werden und Transaktionen und Finanzdienstleistungen direkt zwischen den Nutzern abgewickelt werden. DeFi-Lösungen sollten effizienter und kostengünstiger sein als traditionelle Systeme und von staatlichen und anderen zentralisierten Systemen unabhängig machen. DeFi war eine rebellische, dezentrale und staatskritische Bewegung.
Technisch war und ist das Bitcoin-Projekt erfolgreich. Fälschungen und eine unkontrollierte Vermehrung von Bitcoins sind nicht aufgetreten. Dies im Gegensatz zu den herkömmlichen Währungen. Aber die DeFi-Vision ist am enormen Energiebedarf und einer Vielzahl weiterer Gründe gescheitert.
Und heute ruft die Krypto-Branche weltweit nach besserer staatlicher Regulierung, nach Anerkennung und Kontrolle. In der Schweiz sind solche Forderungen zurzeit besonders populär. Das tönt wie eine Verschwörung gegen die DeFi-Vision.
FTX und Lyyke
Der Tiefpunkt der Krypto-Geschichte hat einen Namen: FTX. Der Superstar der Szene, Sam Bankman-Fried, gründete 2019 die Kryptowährungsbörse FTX. Zur besten Zeit wurde FTX mit 32 Milliarden Dollar bewertet. Bankman-Fried war der gefeierte, junge Milliardär, der Millionenbeträge für wohltätige Zwecke spendete. Im November 2022 brach FTX zusammen, ein Jahr später wurde Bankman-Fried zu 25 Jahren Haft verurteilt. In den USA braucht es für eine Verurteilung zwölf Monate, in der Schweiz mindestens zwölf Jahre. Die Kunden, die bei FTX Kryptos kauften und hielten, hatten keine privaten Schlüssel in einem Wallet. Sie hatten einfach Forderungen gegenüber FTX.
FTX und Sam Bankman-Fried sind nicht der einzige Unfall im Krypto-Universum. Es gibt deren viele, einfach etwas kleinere. Ein aktuelles Beispiel ist die Krypto-Börse Lykke, die 2014 in Zug gegründet wurde. Im Juni dieses Jahres wurde Lykke dem Vernehmen nach Opfer eines Cyberangriffs, bei dem Krypto-Währungen im Wert von 22 Millionen Dollar gestohlen wurden. Vor einer Woche hat Lyyke den Betrieb eingestellt. Die Kunden machen sich zu Recht Sorgen. Sie haben, wie die Kunden von FTX, offensichtlich keine Kryptos in einem Wallet, sondern Forderungen gegen Lykke.
Donald Trump und Bitcoin
Donald Trump hat sich während seiner Wahlkampagne für Kryptowährungen, insbesondere Bitcoin, stark engagiert. Er wolle die USA zum führenden Land im Bereich Bitcoin machen. Das ist ziemlich skurril. Denn Trump will den US-Dollar als Leitwährung (und effiziente Waffe gegen alle Feinde der USA) erhalten. Und Kryptos sind doch eher eine Alternative zum Dollar als eine Unterstützung der amerikanischen Währung. Trumps Liebe zu Kryptos zeigt sich auch bei den jüngsten Ernennungen: Krypto-Fan Paul Atkins soll Chef der mächtigen US-Börsenaufsicht SEC werden und Gary Gensler ersetzen, einen erklärten Gegner von Kryptowährungen.
Auch diese Geschichte ist, wie so viele andere rund um Bitcoin und Krypto, schwer verständlich. Wahrscheinlich ist es aber ganz einfach: Die Krypto-Community hat Donald Trump im Wahlkampf finanziell massiv unterstützt und erhält jetzt dafür den politischen Lohn. Sie hat sich von einer rebellischen, dezentralen Bewegung zu einem bedeutenden Akteur im politischen und wirtschaftlichen Mainstream entwickelt.
Und wie sieht die Zukunft von Bitcoin aus? Ich habe keine Ahnung. Und ich werde auch in Zukunft keine kaufen.
Als ehemaliger Devisenhändler teile ich die Meinung von Prof. Geiger. Ich bin genau so misstrauisch wie er und liege aber genau so falsch. Vielleicht sind wir beide zu alt dazu.
Sehr gut durchdacht Herr Geiger, mein Bauch fühlt wie Ihre Meinung…
Wenn man die enorme Verschuldung sowohl der USA als auch vom Club Med ansieht ist es nicht unrealistisch über Alternativen nachzudenken, und die wären Immobilien, Gold (bzw. Edelmetall) und eben Crypto. Am besten von allem etwas 😀