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Götterdämmerung in der Zuwanderungsfrage

Die Autoren des Instituts für Wirtschaftspolitik widmen sich in ihrer Studie der Frage, «ob der Nutzen der Zuwanderung für Staat und Gesellschaft insgesamt überwiegt.» Aufgrund der vertieften Auseinandersetzung mit relevanter Literatur zur Arbeitsmigration kommen Prof. Dr. Christoph A. Schaltegger, Dr. Marco Portmann und MA Joel Gysel dabei zu mehreren brisanten Schlüssen1:

Erkenntnis Nr. 1: Geringer Wohlstandsgewinn pro Kopf

«Die Personenfreizügigkeit steigert insgesamt die Wertschöpfung in der Schweiz. Blickt man aber auf den Wohlstandsgewinn pro Kopf, so fällt dieser gering aus. Das Schweizer BIP pro Kopf ist seit dem Jahr 2000 inflationsbereinigt um 23 % gestiegen. Damit liegt die Schweiz im europäischen Mittelfeld. Andere Länder wie Deutschland haben im selben Zeitraum ein ähnlich hohes BIP-pro-Kopf-Wachstum bei deutlich tieferer Zuwanderung erreicht.»

Erkenntnis Nr. 2: Zuwanderung löst weitere Zuwanderung aus

«Die hohe Zuwanderung bringt viele Fachkräfte in die Schweiz. Zugleich vermochte sie den Mangel an Fachkräften nicht zu beseitigen, sondern hat ihn verstetigt. Studien zeigen, dass für jede bei einem exportorientierten Unternehmen geschaffene Stelle für eine zugewanderte Fachkraft 0.6 bis 1.4 Stellen im lokalen Gewerbe neu entstehen. Jede Zuwanderung benötigt also weitere Zuwanderung, weil der Konsum der Neuzuzüger die Nachfrage zusätzlich erhöht.»

Erkenntnis Nr. 3: Zuwanderung rettet unsere Altersvorsorge nicht

«Die Zuwanderung trägt derzeit zur Linderung der strukturellen Probleme der AHV bei. Sie stellt jedoch keine langfristige, dauerhafte Lösung für die Altersvorsorge dar. Über den gesamten Lebenszyklus hinweg beziehen die meisten Personen mehr Leistungen aus der AHV, als sie selbst zu deren Finanzierung beigetragen haben: Pro Franken an Lohnbeiträgen erhalten EU-/EFTA-Bürger 1.76 Franken, übrige Zuwanderer über zwei Franken und Schweizer 1.83 Franken Rente.»

Weitere Kernaussagen der Studie2:

  • Es gibt Schätzungen, die zeigen, dass ein sehr gut qualifizierter Zuwanderer einen oder zwei weitere Zuwanderer nachzieht (Fontana, 2023; Siegenthaler et al., 2016). Zumal die Zuwanderung auch Kosten hat (siehe unter anderem Thesen zu den Überfüllungseffekten), sollte diskutiert werden, ob Produktivitätsgewinne nicht auch mit einer selektiveren Zuwanderung realisiert werden können.
  • Das Schweizer Sozialsystem ist heute auf grenzenloses Wachstum ausgerichtet und angewiesen. Die von der AHV ausgezahlten Renten betragen im Durchschnitt bei Schweizern 183% und bei Ausländern 193% der Einzahlungen (Favre et al., 2023). Die Einzahlungen in die AHV finden in den jungen Jahren, die Auszahlungen im Alter statt. Die AHV bleibt deshalb mit den heutigen Beitragssätzen nur finanzierbar, wenn die Bevölkerung wächst.
  • Die Aussicht, nach Belieben auf dem europäischen Arbeitsmarkt zu rekrutieren, ist weder dem Ausschöpfen des inländischen Arbeitskräftepotentials, den Investitionen in die Automatisierung noch dem Strukturwandel hin zu wertschöpfungsintensiveren Branchen zuträglich.

Dogma der Personenfreizügigkeit rüttelt

Die Luzerner Übersichtsstudie ist eine wahre Fundgrube für viele relevanten Folgen der Zuwanderung in die Schweiz. Die Autoren halten zwar fest, dass die Personenfreizügigkeit – und damit die rein arbeitsmarktgesteuerte Zuwanderung – der Schweiz durchaus mehr Fachkräfte gebracht habe, die von der Wirtschaft angefordert wurden. Sie graben aber tiefer und rütteln damit am Dogma der «unantastbaren» Personenfreizügigkeit. Die Autoren versuchen vielmehr, ein ganzheitliches Bild zu zeichnen und Auswirkungen auf den Sozialstaat oder die Nutzung der öffentlichen Infrastruktur mit einzubeziehen. Genau auf solch eine vertiefte Befassung haben Wahrheitssuchende lange gewartet!

Seit der Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens mit den EU/EFTA-Staaten im Jahr 2002 ist die ausländische Wohnbevölkerung in der Schweiz um 1,2 Millionen Menschen gewachsen. Teile der Wirtschaft mögen zwar von der vereinfachten Rekrutierung ausländischen Personals (Drittstaaten nicht eingerechnet!) profitiert haben. Der Preis, den unser Land für ein bescheidenes Pro-Kopf-Wohlstandswachstum bezahlt hat, ist aber hoch: Wohneigentum ist kaum noch bezahlbar, die Strassen dauerverstopft, die Züge überfüllt, die Schulen sind am Anschlag! Kurz: das Land platzt aus allen Nähten, die gefühlte Lebensqualität vieler Bürgerinnen und Bürger nimmt ab.

Meinungsumschwung bei Economiesuisse und Co.?

Bemerkenswert ist, dass mittlerweile selbst Verbände wie die Economiesuisse – ein Zusammenschluss bedeutender Schweizer Unternehmen, der all die Jahre mobil gemacht hat für die Personenfreizügigkeit – einwanderungsskeptische Töne anschlagen. Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder sagte im Schweizer Fernsehen, dass die allgemeine Befindlichkeit zeige, dass die Schweiz «eine zu hohe und zu schnelle Zuwanderung» erlebe. Er glaube, «wir haben eine gewisse Grenze überschritten». Daher könne man nicht mehr der grenzenlosen Zuwanderung das Wort reden, sondern man müsse respektieren, dass es Massnahmen brauche. Sind diese Offenbarungen der Economiesuisse etwa ein Vorbote eines allgemeinen Stimmungsumschwungs, der es möglich macht, neue Mehrheiten für eine Begrenzung der Zuwanderung zu finden?

Der oft beschworene Leidensdruck, der nötig sei, um im Volk ein breites Umdenken auszulösen, lässt sich jedenfalls nicht mehr leugnen. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Zuwanderungs-Studie des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik weite Kreise zieht – so lange, bis sie sich vom helvetischen Medien-Mainstream nicht mehr länger totschweigen lässt.

1 Quelle: https://www.iwp.swiss/arbeitsmigration-in-die-schweiz-eine-einordnung-aktueller-erkenntnisse/

2 Quelle: https://admin.iwp.swiss/wp-content/uploads/2024/04/qa_migration_text-2024_04_22.pdf (Kapitel 7, Konklusion und Einschätzung der Autoren, Seite 67 ff)

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Publiziert von Anian Liebrand

Anian Liebrand ist seit April 2024 Chefredaktor der «Schweizerzeit». Er ist selbständiger Unternehmer, Inhaber und Geschäftsführer der Politagentur.ch GmbH. Er ist seit Jugendjahren politisch aktiv und amtete u.a. als Präsident der Jungen SVP Schweiz.

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7 Kommentare

  1. Götterdämmerung in der Zuwanderungsfrage? (Leider viel zu spät)
    Alles längst bekannt, die meisten wollten, wollen es nicht wissen.
    Dazu gibt es viel zu viele Denkfaule, die glauben jeden Mist, den „Helden„ mit dem Kürzel Dr. Prof. in die Welt pusten.
    So war die Kneschaurek-Studie —-HSG—- keine solide Arbeit, sondern eine Praktisch reine Zahlenhochrechnung. (Eine sog. Gefälligkeitsstudie)
    Den meisten fehlt es leider an geistigem Horizont ,an Lernwilligkeit und rational nüchternem Denkvermögen.
    Die Japaner haben es schon in den 1960. geschnallt, danach die Chinesen, die haben kein Migrationsproblem und sind auch OHNE Zuwanderung in Sache Wohlstand, an die Weltspitze marschiert.
    (Ohne das zweifelsfrei Harte durchgreifen in der Bevölkrungsfrage, hätte es China nie und nimmer geschafft.
    Die Freiwilligkeit im Westen wird aus diversen Gründen verteufelt.)
    Zwenig Lüt der ,,Schlachtruf,, an allen Eken und Enden der 1970. war ist und bleibt ein Schwachsinniger
    (Solches ist höchstens eingschränkt Sektoral zutreffend.)
    ——Richtig heisst das zwenig Hirn!!!—-
    MfG

  2. Lieber Anian
    Für diesen umfassenden Bericht bedanke ich mich herzlich. Wir rechtsbürgerlichen Menschen müssen die Reihen schliessen, zusammen sind wir stark – und können auch etwas bewegen.
    Ich wünsche Dir in der Aufgabe als Chefredaktor der SZ, welche ich seit vielen Jahren abonniert habe, alles Gute, Freude und viel Erfolg. Schön zu wissen, dass im Hintergrund noch Ueli Schlüer «abrufbar» zur Verfügung steht. Ueli hat ja während vielen Jahrzehnten der SZ den Stempel aufgedrückt, das zusammen mit Fehr Hans. Dieses Team funktionierte einwandfrei, was schlussendlich der grosse Erfolg der SZ unter Beweis stellt.
    Mit kameradschaftlichen Grüssen und gemeinsam «Vorwärts Marsch» zugunsten unserer Heimat
    Kurt Streil

  3. Ich und meine Frau sind um die 80 und begannen unser Berufsleben Ende der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Wir stellen fest, dass wir damals und bis zur PFZ ab 2002 stets schnell eine Stelle fanden wenn nötig, einen zunehmenden Lebensstandard erfahren durften, alles in allem mindestens so zufrieden sein konnten wie in den letzten 20 Jahren. Heute wird die Schweiz zugepflastert, Wohnen wird immer teurer, unsere Kinder finden gar nicht mehr so leicht eine Stelle wenn nötig obwohl qualifiziert. Ist das Leben besser geworden im Land ? Eher nein. Doch kein Wunder, dass die Unternehmerkreise für die PFZ sind. Sie können beim Personal aus dem vollen schöpfen, man schaltet sogar Inserate in D oder F für Stellen in der Schweiz oder es melden sich gleich Interessenten aus dem Ausland. Ein sich selbst beschleunigender Wahnsinn. Und mit dem Rahmenabkommen würde das alles noch viel schlimmer. Die EU-Bürgerrechtsrichtlinie versetzt dann der Schweiz den Todesstoss.

  4. Ein Asylchaos ist gefährlich ⚠️

    Warum dürfen alle Menschen in die 🇨🇭 Schweiz einwandern ?
    Die Grenze muss geschützt und bewacht werden !
    Ist das so schwierig?
    Die Europäische Union 🇪🇺 muss uns helfen damit der Friede und die Rechtsordnung in der Schweiz erhalten bleiben!
    Ich finde diese „ Klimaseniorinnen „ doof 🤪!

    • Leider wird die EU ganz sicher nicht helfen, den Frieden in unserem Land aufrecht zu halten. Die EU ist nicht die Lösung, sondern das Problem. Frontex, zuständig für die scheinbar unüberwindliche EU-Aussengrenze, versagt, die Grenze gleicht einem Emmentaler. Wir müssen unsere Grenze wieder selber schützen, das ist die Lösung. Sie schlagen es vor !

  5. Allein die Tatsache, dass Schweizer Paare sich keine Kinder mehr leisten können, während in Massen zugewanderte «Flüchtlinge» problemlos Kinder in beliebiger Zahl haben können – je mehr, desto besser die wirtschaftliche Situation – zeigt mir, dass in diesem Land unter Führung Falsch-Gutmeinender jegliche vernünftige Relation bewusst und vorsätzlich auf den Kopf gestellt wurde.

    Diese Art der Zuwanderung geschieht ungebremst neben der Zuwanderung durch die Personenfreizügigkeit, welche für sich allein bereits die Grenzen des Vernünftigen sprengt. Und jeder, der auf die negativen Folgen für Land, Bevölkerung und Kultur hinweist, wird umgehend des Rassismus bezichtigt.

    Sicher für mich ist, dass diese – aus einer Mischung aus kurzsichtigem Wirtschaftsgebaren, ideologischer Naivität und Heuchelei bestehende – Unvernunft auf Kosten künftiger Generationen geschieht, welche die Folgen wohl für die nächsten 200 Jahre werden tragen müssen.

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