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Persönlichkeiten prägen junge Menschen

Jeder Mensch ist eine eigenständige Persönlichkeit und verfügt über bestimmte Fähigkeiten, gewachsen aus persönlicher Begabung und Anlagen.

Aufgabe der  Verantwortlichen  unserer  Volksschule ist es, Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen und auszubilden, welche die in jedem jungen Menschen vorhandenen Anlagen und Begabungen zu entdecken, zu wecken, zu fördern und zur Entfaltung zu bringen vermögen.

Auf unterschiedlichen Wegen zum Ziel

An solcher Zielsetzung orientierte Bildungspolitik erkennt die Lehrerinnen und Lehrer als Persönlichkeiten, denen eine Schulführung übertragen wird, in welcher sie sich wie Unternehmerinnen und Unternehmer zu bewähren haben. Als eigenständigen, ebenfalls je mit besonderen Begabungen ausgestatteten Persönlichkeiten sind den Lehrerinnen und Lehrern Lernziele vorgegeben, die sie mit ihren Klassen verbindlich zu erreichen haben. Da es aber weder Einheitsschüler noch Einheitsklassen gibt, bestimmen die Lehrerinnen und Lehrer mit Blick auf die Zusammensetzung einer jeden ihnen anvertrauten Klasse, nach welcher Unterrichtsmethode und mit welchen Lehrmitteln sie das ihnen gesteckte Ziel erreichen wollen. Das Ziel ist ihnen verbindlich gesetzt – den Weg zum Ziel bestimmen die Lehrerinnen und Lehrer selbst.

Persönlichkeitsorientierung anstelle bürokratischer Gleichschaltung

Solch auf die Entfaltung eigenständiger Persönlichkeiten ausgerichtete Schulführung widerspricht diametral der derzeit modischen Festlegung von alle Details vorschreibenden Einheitslehrplänen, welche seit Harmos die Volksschule in der Schweiz flächendeckend gleichzuschalten suchen.

Gleichschaltung will Nivellierung, herbeigeführt durch immer enger regulierendes Controlling. Dies lässt den Schulbürokratismus auswuchern, beschneidet aber individuelle Begabungen bis zu deren Verschüttung. Die ausufernde Vertherapeutisierung der Volksschule legt Zeugnis ab vom Ausmass der bildungsfeindlichen Fehlentwicklung.

Lernfeindliche Unruhe

Wer heute Schulklassen an der Arbeit im Schulzimmer verfolgt, nimmt mit Befremden wahr, wie viel Unruhe den Unterricht beeinträchtigt durch das laufende Kommen und Gehen von Schülerinnen und Schülern zu irgend welchen Therapien oder andern Aktivitäten.

Unterricht wird erfolgversprechend, wenn er Jugendlichen ermöglicht, sich auf ihnen gestellte Aufgaben zu konzentrieren, sich in den ihnen präsentierten Schulstoff ungestört zu vertiefen – ohne dass sie aufgrund im Schulraum herrschender Unruhe auf militärische Pamir-Hörschutzgeräte angewiesen sind.

Unverständlich, dass Lehrer – unter Billigung durch Schulleiter und Schulbehörden – zu solchen Hilfsmitteln Zuflucht nehmen, wenn sie Schülern wenigstens zeitweise ein ruhige Lernatmosphäre verschaffendes Klima mehr schlecht als recht gewährleisten sollen.

Mit Kopf, Herz und Hand

Die Führungsaufgabe der Lehrkräfte hat auch im Zeitalter der Digitalisierung nichts an Bedeutung eingebüsst. Die Digitalisierung – derzeit nicht selten fast vergöttert – hat Johann Heinrich Pestalozzis Grundsätze zur Bildung und Ausbildung künftiger Staatsbürgerinnen und Staatsbürger keineswegs verdrängt. In den Schülern Kopf, Herz und Hand zu fördern, ist auch heute wegweisende Aufgabe für alle Lehrkräfte.

Längst nicht jede Schülerin, längst nicht jeder Schüler wird allein mit intellektuell herausfordernden Aufgaben zum Lernen und Leisten motiviert. Das «Werken», also der Umgang mit Materialien wie Metall, Holz, Papier und Textilien, sowie die Bearbeitung dieser Materialien mit Werkzeugen hat in der Vergangenheit unzähligen Schülerinnen und Schülern dazu verholfen, eigene Fähigkeiten, derer sie sich zuvor oft gar nicht bewusst waren, zu entdecken. Und nicht wenige junge Menschen, die intellektuell bloss schwer ansprechbar waren, wurden im Umgang mit Werkzeugen und Materialien der Tatsache gewahr, dass auch die Bearbeitung von Material gewissen Gesetzmässigkeiten unterliegt, die auch theoretisch zu erkennen und sinnvoll zu nutzen bald als unverzichtbar erachtet wird. Viele junge Menschen sind auf diesem Weg zu beruflich erfolgreichen Persönlichkeiten herangereift, was ihnen allein durch intellektuelle Herausforderung schwerlich gelungen wäre.

Klassenführung ist die Hauptaufgabe der Lehrkräfte

Daraus ergibt sich, dass überlegte Schul- und Klassenführung die Hauptaufgabe der Lehrerinnen und Lehrer ist. Der Lehrerberuf ist ein Führungsberuf. Selbstverständlich müssen sich ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer über einen gut gefüllten Rucksack bezüglich der zu vermittelnden Fächer (und darüber hinaus) ausweisen.

Um dieser Führungsaufgabe gerecht zu werden, haben wir vor Jahren die Idee der «Lehrer-Lehre» entwickelt: Angehende Lehrerinnen und Lehrer sollen in ihren Beruf eingeführt werden durch erfahrene ältere Kolleginnen und Kollegen – in täglicher, sorgfältig begleiteter, mit den sie begleitenden erfahrenen Lehrkräften sorgfältig analysierter, besprochener und korrigierter Unterrichtserteilung. Dabei wird sich rasch zeigen, ob die Anfängerinnen und Anfänger ihren Beruf wahrhaftig als Berufung auffassen – oder ob sie sich besser einer anderen Tätigkeit zuwenden sollen.

Pädagogische Hochschulen unterminieren Bildungsauftrag

Mittels Schaffung der Pädagogischen Hochschulen haben die Bildungsfunktionäre der Lehrerausbildung einen anderen – aus unserer Sicht falschen – Weg gewiesen. Die Verakademisierung mag Salär-Sprünge bewirkt haben, der Volksschule dient sie nicht. Dass viel zu viele Absolventinnen und Absolventen von Pädagogischen Hochschulen den Lehrerberuf nach wenigen Jahren Berufspraxis aufgeben, spricht Bände.

Mit der von Pädagogischen Hochschulen durchgesetzten Verakademisierung der Lehrerausbildung wurde der Verzicht auf den – von Akademikern wenig geschätzten – Werkunterricht Tatsache, was all jene Jugendliche benachteiligt, die den Weg in selbstgestaltete Existenz einst via Bearbeitung von Materialien mit Werkzeugen gefunden haben.

Dass die Pädagogischen Hochschulen die Illusion verbreiten, es genüge, bestimmten Lernstoff – zum Beispiel mathematische Operationen wie Dreisatz oder Prozentrechnung – bloss kurz anzutippen, die Abwicklung dieser Operationen danach ganz der Handy-Handhabung zu überlassen, kann als pädagogischer Irrweg nur beklagt werden. Das sorgfältige Einüben von Fertigkeiten ist die Voraussetzung für das Verständnis der diesen zugrunde liegenden Gesetzmässigkeiten.

Aktivismus verschüttet Bildung

Dass der Weg in eigenständige Lebensgestaltung heute durch Ausbau zunehmend ausschliesslich den Intellekt ins Zentrum stellende Lehrplan-Anforderungen verbaut wird, hat der Qualität der Volksschule Schaden zugefügt. Eigenständige Begabung wird zunehmend verdrängt durch vom Lehrplan vorgegebene, obligatorisch zu vermittelnde Einheitsmeinung.

Wo Lehrmeinungen mit moralischem Anspruch als alternativlos vorgegeben werden, finden nur allzu bald Ideologen Betätigungsfelder vor, die sie zu nutzen trachten mit dem Ziel, die Jugend vorgegebener Denkschulung zu unterwerfen. Indem einzelne Schulen bereits den Freitag ganz offiziell zum «Tag des Manifestierens» erklärt haben, machen sie sich schuldig, Schülerinnen und Schüler als einseitig indoktrinierte Gefolgschaft ideologisch-politischer Lehrmeinungen zu missbrauchen.

Fazit

Politische, vom Volk gewählte Bildungsbehörden wurden auf lokaler, regionaler und kantonaler Ebene weitestgehend entmachtet. Bildungsfunktionäre bestimmen heute das Geschehen in der Volksschule. Eine Unzahl Reformen wurde von diesen losgetreten. Bevor Umwälzung bewirkende Reformen sorgfältig ausgewertet werden konnten, wurden sie durch neue Reformen bereits wieder verdrängt.

Die kostenverschlingende Bildungsbürokratie wuchert aus, der Bildungsauftrag gegenüber der Jugend leidet.

Publiziert von Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer ist Historiker, Verleger und alt Nationalrat des Kantons Zürich. 1979 gründete Dr. Ulrich Schlüer die «Schweizerzeit», welche als bürgerlich-konservatives Magazin für Unabhängigkeit, Föderalismus und Freiheit bis heute erfolgreich seine Leserschaft bedient.

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