Phüet di Gott

Der Funktionärs-Staat als penetranter «Behüter der Menschheit»
Vor nicht allzu langer Zeit sagte man in Zürich beim Abschied oft «Phüet di Gott», behüte dich Gott. Mit der Bitte um die Behütung durch Gott enden noch heute die meisten Gottesdienste: «Der Herr segne dich und behüte dich».
In unserer heutigen Gesellschaft hat der Staat von Gott die Aufgabe des Behütens des Menschen übernommen. Mindestens einen Unterschied zwischen Gott und dem Staat gibt es jedoch: Wer oder was Gott ist, und was er will, ist doch ziemlich offen.
Wer der Staat ist, und was er will, ist klar. Die Regierung und ihre Beamten wollen ihre Macht stärken und uns Behütete in die «richtige» Richtung lenken.
Corona: Ein neues Zeitalter
Ein neues Zeitalter der Behütung begann mit dem Ausbruch von Corona. Im März 2020 verkündete der Bundesrat den ersten Lockdown. Einfühlsam tröstete er die Bevölkerung mit den Worten: «Der Bundesrat kümmert sich um euch». Seither scheint der segensreiche Abschiedsgruss neu wie folgt zu lauten: «Phüet di de Bundesraat».
Heute, siebenundzwanzig Monate später, kümmert sich der Bundesrat noch immer um uns, wenn auch zurzeit bezüglich Corona nicht mehr ganz so intensiv. Aber dafür behüten uns Bundesrat und Administration auf immer mehr Gebieten und das immer intensiver. Sollte sich Corona nicht mehr als Behütungsfeld eignen, baut der Staat neue Bedrohungen auf. Im Moment scheinen sich die Affenpocken dafür besonders zu eignen, wurde doch in der Schweiz bereits ein Fall bekannt.
Wenn der Bund einmal ein neues Feld mit seiner Behütung beglückt, dann bleibt es dabei. Was der Staat einmal in den Fingern hat, das lässt er nicht mehr los.
Behütung und Beistandschaft
Ein Synonym für Behütung ist «Beistand». Einen Beistand erhalten wir, wenn wir uns um bestimmte Bereiche unseres Lebens nicht mehr selbst kümmern können. Eine Beistandschaft kann von der Kesb angeordnet werden.
So gesehen betrachten sich Bundesrat und Administration vermehrt als Kesb für die gesamte Bevölkerung für immer neue Bereiche unseres Lebens, um die wir uns selbst nicht mehr kümmern können oder sollen. Das sind keine attraktiven Perspektiven für liberale Menschen, die Wert auf ihre politischen Grundrechte und ihre persönliche Freiheit legen.
Kontrolle der Wahrheit
Corona hat nicht nur einschneidende und nicht immer verfassungskonforme Eingriffe in unser Leben gebracht, sondern auch einen verbalen Kampf um die Wahrheit. Wer nicht die Meinung des Staates und seiner Trabanten vertrat, wurde als «Coronaleugner» und «Corona-Schwurbler» verunglimpft. Wer eine eigene Meinung vertrat, riskierte, in die Schublade der Verschwörungstheoretiker gesteckt zu werden. Auch die «Klimaleugner» gehören zu den Feinden der behüteten Gesellschaft, neuerdings auch die «Putin-Versteher».
Ein Grossteil der «Mainstream-Medien» unterstützt den Staat in seinem Kampf um die Beherrschung der öffentlichen Meinung. Zu oft werden die Medien unterstützt durch systemtreue Wissenschaftler. Diese werden dafür vom Staat grosszügig unterstützt, mindestens dann, wenn sich die Stimmbürger nicht dagegen auflehnen.
Vorbild China
Vorbild für alle staatlichen Behüter ist China. Partei und Regierung haben dort innert weniger Jahrzehnte Hunderten von Millionen Menschen aus der Armut zu einem ordentlichen Wohlstand verholfen. Der Preis dafür ist der Totalitarismus.
Der bekannte chinesische Künstler Ai Weiwei sagt, dass der chinesische Totalitarismus die höchstmögliche Kontrolle über das Leben der Massen und des Individuums erreicht hat. Der technische Fortschritt hat dabei ganz neue Dimensionen der Bevormundung ermöglicht. Unschwer lässt sich ausmalen, wie sich auch bei uns mit einer Erweiterung des Covid-Zertifikats auf jedem Handy der technische Fortschritt für die staatliche Behütung der Bevölkerung missbrauchen lässt.
China hat den gläsernen Bürger geschaffen. Wir bürgerlichen Schweizer wollen nicht den gläsernen Bürger, sondern den gläsernen (und kleinen) Staat.
Grüne und rote Pizza
Die Behütung der Bürger findet nicht nur bei den grossen Themen wie Klimawandel und Corona statt, sondern in fast allen Bereichen der Gesellschaft. Ein Beispiel ist die Ernährung. In der Schweiz essen die Menschen nach Meinung der WHO zu viel Zucker und Salz. Zum Schutz vor Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit planen politische Kreise die Einführung einer Zuckersteuer, vor allem in der Romandie.
Ein anderes Beispiel: Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) unterstützt ein Nutri-Score-System, das die Lebensmittel im Hinblick auf deren Ausgewogenheit mit Farben bewertet. Vorläufig auf freiwilliger Basis. Eine grüne Pizza («ausgewogen») bedeutet eine gesündere Wahl als eine rote («unausgewogen»).
Ideologie und Krippenfinanzierung
Gefährlicher als die behördlich geförderte Einfärbung der Pizzas ist die zurzeit in der Bildungskommission des Nationalrates behandelte Gesetzesvorlage für eine eidgenössische Krippenfinanzierung, gemäss der sämtliche Eltern Geld erhalten, die ihr Kind in Krippen oder Horten betreuen lassen, unabhängig von ihrem Einkommen.
Das geplante Gesetz ist nicht nur eine finanzpolitische und föderalistische Zumutung, sondern vor allem auch eine ideologische. Der Staat will damit die Erziehung der Kinder frühzeitig in die eigenen Hände nehmen. Eltern sollen nur dann in den Genuss von Subventionen kommen, wenn sie ihre Kinder in auswärtigen Institutionen betreuen lassen.
Das erinnert doch sehr an die staatlich geförderte Erziehungspraxis in der DDR. Dort entwickelte der Staat Kontrollmöglichkeiten bis in die Familie hinein, was dazu führte, dass Eltern ihre Erziehungsverantwortung nahezu abgeben mussten.
Phüet di de Bundesraat? Nei tanke!