Im Juni haben National- und Ständerat ein neues Medienförderungsgesetz verabschiedet. Dieses sieht staatliche Subventionen von jährlich fast 300 Mio. Franken an diverse Medien vor. Neu sollen sogar Online-Portale direkt unterstützt werden.
Solche Geldflüsse führen zu gefährlichen Abhängigkeiten. Aus diesem Grund hat ein überparteiliches Parlamentarierkomitee beschlossen, das Referendum zu unterstützen.
Über ein Jahr diskutierte das Parlament die neue Medienförderungsvorlage – für die zuvor nicht einmal ein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt
worden war. Das sogenannte «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» bringt einen Paradigma-Wechsel mit sich: Neben dem Gebührensplitting
und der indirekten Presseförderung will man nun schrittweise zu einer direkten Medienförderung übergehen.
Das Gebührensplitting wurde mit dem neuen Radiound Fernsehgesetz eingeführt. Seit gut fünfzehn Jahren erhalten private Radio- und TV-Stationen ebenfalls Geld aus dem Gebührentopf. Der aktuelle Betrag von
81 Mio. Franken entspricht zwar nur sechs Prozent der gesamten Gebührenerträge – aber er reicht zur Schaffung von finanziellen Abhängigkeiten. Mit der indirekten Presseförderung wiederum werden die Zustelltaxen für Zeitungen verbilligt. Derzeit zahlt der Bund 50 Mio. Franken für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften sowie für die Vereins- und Stiftungspresse. Diese Beträge sollen insgesamt um über 100 Mio. Franken erhöht werden. Eine gefährliche Entwicklung. Noch störender sind aber die geplanten neuen Subventionen für den Online-Bereich.
Umstrittene Förderung von Online-Medien
Die geplanten Subventionen im Online-Bereich waren im Parlament höchst umstritten. Nach bislang einhelliger Ansicht hat der Bund nämlich keine Zuständigkeit für direkte Medienförderung und die Regulierung des Internets. Laut Art. 93 BV besteht nur für Radio und Fernsehen eine Gesetzgebungskompetenz. Grund für diese Bestimmung war, dass man auch in entlegenen Regionen eine Grundversorgung mit Radio- und
TV-Programmen sicherstellen wollte – in einer Zeit, wo es noch kein Internet gab. Das Internet selber ist jedoch nicht erwähnt – weil es damals noch gar nicht existierte.
Die Mechanik unserer Verfassung ist klar: Der Bund ist nur für jene Bereiche zuständig, für die er explizit von Volk und Ständen als kompetent erklärt worden ist. Die Kompetenzen des Bundes werden sodann nicht generell umschrieben, sondern durch Einzelermächtigungen klar definiert. Auffang-Tatbestände sind unserer Verfassung fremd. Darum ist es falsch und verfassungswidrig, wenn der Bund nun plötzlich auch den Online-Bereich regeln will.
Rundumversorgung statt Grundversorgung
Ein Eingreifen des Bundes ist auch nicht nötig. In einer Marktwirtschaft gilt stets: Der Staat soll nicht ohne Not in funktionierende Marktbereiche eingreifen. Was Private erbringen können, soll ihnen überlassen werden. Auch die Wettbewerbskommission hielt 2016 fest, dass sich aus unserer Wirtschaftsverfassung klare «Grenzen eines öffentlich finanzierten Angebots» ergeben, indem «grundsätzlich der Markt zu spielen hat» und sich staatliche Eingriffe nur dann rechtfertigen, wenn sie zur Erreichung eines bestimmten Ziels «effektiv notwendig sind». Der Service public, so die
Wettbewerbskommission, sei «nicht ein eigenes Angebot, welches sich im Markt gegen die Privaten behaupten muss, sondern eine Ergänzung des bestehenden Marktangebots». Klare Worte.
Da im Online-Bereich kein Marktversagen herrscht, sondern vielmehr eine beachtliche Angebotsvielfalt, sind staatliche Interventionen falsch. Es ist gefährlich, den Service public auf immer mehr Bereiche auszudehnen: So geht es zunehmend nicht mehr um eine staatliche Grundversorgung, sondern um staatliche Rundumversorgung.
Einseitige Bevorzugung gewisser Unternehmensmodelle
Mit flächendeckenden Subventionen gibt es bald keine Medienanbieter mehr, die keine Staatsgelder erhalten. Alles wird staatlich finanziert: Neben indirekter Presseförderung, Gebührensplitting für private Radio- und
TV-Stationen sowie Subventionen für Nachrichtenagenturen kommt nun die direkte Medienförderung im Online-Bereich. Mit solchen Subventionen züchten wir Unternehmen heran, die nicht überlebensfähig sind und nie auf eigenen Füssen stehen können. Eine funktionierende Medienvielfalt jedoch setzt inhaltliche, finanzielle und wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Staat voraus.
Das neue Medienförderungspaket kultiviert zudem eine falsche und verzerrte Optik der Medienlandschaft: Staatlich finanzierte oder geförderte Angebote werden als qualitativ höherwertig angesehen, während private Initiativen als kommerziell motiviert – und damit qualitativ ungenügend – abgetan werden.
Mit dieser Begründung werden immer neue Subventionen gesprochen und immer mehr Bereiche reguliert. Eine gefährliche Falscheinschätzung.
Staatliches Gütesiegel für «gute Medien»?
Direkte Förderung läuft darauf hinaus, dass der Staat entscheiden muss, was förderungswürdig ist und was nicht. EMEK-Präsident Otfried Jarren schlug vor einigen Jahren ein eigenes Label für Online-Portale vor, um journalistische Inhalte besser erkennbar zu machen. Er meinte, in vielen anderen Branchen seien «Zertifizierungen üblich» und gleichsam eine Voraussetzung für den Erhalt öffentlicher Subventionen. Zudem können sich die Nutzer so «darauf verlassen, dass die Regeln guter journalistischer Arbeit eingehalten wurden». Fazit: Der Staat soll die Medien kontrollieren. Dies sagt nicht irgendjemand, sondern der Präsident der EMEK.
Fazit: Wer den freien Austausch von Meinungen bevorzugt und nicht möchte, dass der Staat entscheidet, welches Medium korrekt berichtet und welches Medium das staatliche Gütesiegel nicht verdient hat – der tut gut
daran, das vorliegende Referendum zu unterzeichnen.
von Gregor Rutz
Der Autor ist Mitglied der Staatspolitischen Kommission des
Nationalrats sowie der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen.
Noch nie habe ich dem Fernseher geglaubt und deshalb mit 87,5 Jahren noch nie einen besessen. Ich habe aber zu viel erfahren, was in den TV Studios geschieht. Ursula Staub