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Trau, schau, wem

Kritische Zurückhaltung ist angebracht

Die Redewendung «trau, schau, wem» geht auf Sebastian Franck (1499 – 1542) zurück. In der Reformationszeit war er bekannt als kritischer Theologe, Schriftsteller und Reformator.

Da Sebastian Franck jegliche kirchliche Autorität infrage stellte, wurde er sowohl von katholischen als auch von reformierten Theologen bekämpft. Die Redewendung findet sich in seinem 1541 publizierten Werk.

Misstrauen

Die kritische Weisheit von Sebastian Frank ist heute wieder gefragt. «Trau, schau, wem» warnt vor dem schnellen Vertrauen, vor allem in Autoritäten. Der Spruch bedeutet: Sei vorsichtig, wem du vertraust. Er mahnt uns, die Absichten anderer genau zu beobachten, bevor wir ihnen vertrauen. So gesehen ist Misstrauen besser als Vertrauen.

Misstrauen ist besser als Vertrauen, wenn man Zweifel am Gegenüber hat. Wenn man glaubt, dass uns jemand über den Tisch ziehen, betäuben, täuschen oder betrügen will. Misstrauen ist besser in neuen und unbekannten Situationen. Und Misstrauen ist besser, wenn man durch Lebenserfahrung klüger geworden ist.

Schmiermittel der Wirtschaft

In der Wirtschaft und Gesellschaft sind Transaktionskosten das Gegenstück zur Reibung in der Technik. Bei Maschinen helfen Schmiermittel. Eine Gesellschaft braucht das Vertrauen auf die Einhaltung gemeinsamer Normen, um das wirtschaftliche Gefüge zu ölen.

Vertrauen ist kostengünstig und höchst effizient. Es erspart in Gesellschaft und Wirtschaft viel Mühe, wenn man sich auf das Wort anderer Leute verlassen kann. Misstrauen wirkt wie Reibung und Sand im Getriebe.

Trust und Confidence

In der englischen Sprache gibt es zwei Wörter für «Vertrauen»: «Trust» und «Confidence».

Trust ist definiert als die Bereitschaft, dem anderen auf Grund von erwarteten ähnlichen Absichten und Werten zu vertrauen, sich gegenüber einem anderen verletzlich zu machen. Darin liegt auch ein Risiko.

Confidence dagegen ist auf Erfahrung und Evidenz basiert. Confidence basiert auf Statistiken, Fakten und Regeln. Damit ist Confidence im Gegensatz zu Trust vergangenheitsbezogen. Für Confidence gibt es messbare Beurteilungskriterien.

Corona: Gift für das Vertrauen

Nichts hat in den vergangenen Jahren unser tägliches Leben so nachhaltig negativ beeinflusst wie die Coronavirus-Pandemie. Nichts hat das Vertrauen in die Regierung, die Administration und die von diesen eingesetzten Experten mehr erschüttert als deren Verhalten in der Corona-Krise.

Während der Pandemie und kurz vor der Abstimmung über das Covid-Zertifikat im Herbst 2021 sagte Bundesrat Alain Berset, Geimpfte würden nicht angesteckt und wären nicht ansteckend. Beides war falsch, was das ihm unterstellte Bundesamt für Gesundheit BAG mehrfach erwähnt hatte.

In der Abstimmung wurde das Covid-Gesetz mit 62 % der Stimmenden angenommen. Kann man das Misstrauen der Bevölkerung noch mehr fördern? Kann man die Leute noch mehr verarschen? Vielleicht ja, durch die unsäglichen Geschichten und Diskussionen rund um die Herkunft des Virus.

Altbundesrat Ueli Maurer sagte dazu in einem Interview mit dem Tages-Anzeiger: «Die Vorgänge während Corona waren Wasser auf die Mühlen all jener, die das Vertrauen verloren haben und nicht mehr an den Staat glauben

Weltweit hat die Corona-Geschichte zu einer generellen Zunahme der Impfskepsis geführt, auch gegenüber etablierten Impfungen wie gegen Masern oder Diphtherie. Schlimmer geht nimmer.

Die Klimakatastrophe

Die Klimakatastrophe hat noch nicht stattgefunden, sie wird aber seit Jahren hartnäckig vorausgesagt. Auch sie hat das grosse Potential, das Vertrauen der Menschen, vor allem in die Wissenschaft, weiter zu zerstören. Die UNO-Klimakonferenz COP21 hatte im Dezember 2015 in Paris beschlossen, die globale Erwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu halten.

Physikalisch klar ist, dass mehr CO2 für sich allein zu höheren Temperaturen führt, und dass mehr Menschen mit mehr Wohlstand mehr CO2 produzieren. Welche Rolle alle anderen Faktoren für die Erwärmung oder Abkühlung der Welt spielen, wird in den Diskussionen weitgehend ausgeklammert. Und dass es mit viel weniger Menschen mit viel weniger Wohlstand auf dieser Welt schon viel wärmer war, auch. Und ob es gescheiter wäre, wenn die künftige Erdtemperatur 1,5 Grad kälter wäre als von COP21 festgelegt, ist auch keine Studien wert. Weshalb eine Erwärmung zu einer Katastrophe führen soll, ist also für immer mehr Menschen immer weniger klar. Immer mehr Leute glauben, dass auch die Klima-Katastrophe ähnlich wie die Corona-Katastrophe anderen Interessen dienen soll.

Die Medien

Auf jeden Fall werden «Klima-Skeptiker» ähnlich wie «Corona-Schwurbler» von den meisten Medien verächtlich gemacht, verschwiegen oder verleugnet. Was die Frage aufwirft, was die Medien damit bezwecken. Vielleicht wollen sie den Mächtigen zudienen, oder Subventionen erhalten, oder es fehlt ihnen an den Kompetenzen. Auf jeden Fall verlieren auch sie, oder mindestens die «Mainstream-Medien», weiter das Vertrauen ihrer Leser, Zuschauer und Zuhörer.

Als Medienkonsument ist man gefordert. Sucht man eher das Vertrauen im Sinne von Trust oder von Confidence? Spontan lautet die Antwort wohl «Confidence». Nachdem aber Wissenschaft und Politik bei der Auswahl von Statistiken, Fakten und Regeln extrem selektiv geworden sind und bei der Selektion immer ihre politischen Meinungen vor Augen halten, entscheide ich mich eher für «Trust» und lese die Medien und Autoren, bei denen ich «ähnliche Absichten und Werte» vorfinde.

Auf jeden Fall fährt man auch heute wie mit Sebastian Franck vor 500 Jahren am besten, wenn man Autoritäten infrage stellt.

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Publiziert von Hans Geiger

Hans Geiger ist em. Professor für Bankwesen, wohnhaft in Weiningen ZH.

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4 Kommentare

  1. Betr: “Klimakatastrophe”: meine 40cm-Frage ! CO2 hat einen Anteil von 0.04% in der Luftzusammensetzung, d.h. das sind 40cm von 1km oder 1000 Metern (100’000cm) .
    Ich habe grösste Zweifel, dass 40cm vom 100’000cm allein für die Klimaerwärmung verantwortlich sind. Interessanterweise konnte mir bisher auch keiner der von mir befragten Fachpersonen (Physiker oder andere
    Naturwissenschaftler) eine schlüssige Antwort hierauf geben. Bekanntermassen wird Energie (und dazu gehört auch Wärme) in der Atmosphäre in Form von Wasserdampf (Wolken) gespeichert.
    M. Hauser / Hallau

  2. Eine kürzlich im Journal «Science of Climate Change» veröffentlichte Studie legt dar, dass die anthropogene (menschlich verursachte) CO2-Emission nur ca. 4 Prozent des jährlichen Karbon-Zyklus ausmacht. Es ist unverständlich, dass viel massivere Einflüsse auf den CO2-Haushalt wie die Sonnenaktivität, deren Einfluss auf die CO2-Aufnahme und -Abgabe der Meere sowie die langfristigen Temperaturzyklen der Erde nicht in die Modelle der IPCC eingeflossen sind.
    Ausserdem wird vernachlässigt, dass ein CO2-Anstieg einem vorangehenden Temperaturanstieg zeitlich verzögert nachfolgt, und nicht umgekehrt.

  3. Das ein Mann der Generation Abendrot Klimakatastrophe leugnet ist verständlich. Ihm egal, künftige Generationen sollen sich mit dem Desaster befassen das ihnen hinterlassen wird!

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