Als Kleinstaat mit weltweit einzigartigem politischem Konzept, das seiner Bevölkerung seit Jahrzehnten Frieden und Wohlstand garantiert hat, genoss die Schweiz bis vor kurzem weltweit überdurchschnittliches Ansehen.
Zwar kannten nur Wenige die Einzelheiten des Schweizer Rezepts: Immerwährende bewaffnete Neutralität. Aber Viele wussten, dass die Schweiz international eine ausgleichende Haltung einzunehmen imstande war. Und dass den Schweizerinnen und Schweizern damit Sicherheit, Wohlstand und Freiheit seit bald zweihundert Jahren gewährleistet wird – alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Wirkungen der Neutralität
Verstanden auch nur Wenige die Einzelheiten, welche dieser politischen Leistung zugrunde lagen, so kannten und respektierten Viele die Wirkung dieser Politik. Und sie schenkten der Schweiz Bewunderung, weil dieses Land eigenständig darauf pochte, den Weg des Neutralen durch alle Fährnisse der Weltpolitik verfolgen und leben zu können.
Solchen Respekt hat man selbst als Tourist erfahren. Noch deutlicher wurde er den Diplomaten der Schweiz zuteil, jenen, die unser Land und seine Politik gegenüber anderen Staaten vertreten. Respekt und Bewunderung für die Aufrechterhaltung eigenständiger Politik der Schweiz wurde den Schweizer Diplomaten immer wieder bewiesen. Indem ihr Ratschlag, ihre Beurteilung zu internationalen Problemen und Streitfällen überdurchschnittlich oft gefragt war. Und nicht selten ist es durch sorgfältig-diskretes Vorgehen möglich geworden, dass die Schweiz Vermittlungsdienste im Zusammenhang mit schwierigen Konflikten anbieten konnte. Und dass sie durch beharrlichen Einsatz hinter verschlossenen Türen, weitab von der schlagzeilengeilen Weltpresse, Entwicklungen einleiten und begünstigen konnte, die auch anderen Bevölkerungen auf unserem Erdball mehr Sicherheit und friedlichere Verhältnisse beschert haben.
Ihre immer und überall betonte Haltung, als Vertreter eines neutralen Staates grundsätzlich nie Partei für einzelne Streitparteien zu ergreifen, sich nie an wirtschaftlicher Kriegführung mittels Sanktionen zu Lasten anderer Staaten zu beteiligen, erntete weltumspannend Respekt. Mindestens die Diplomaten anderer Staaten, selbst jene von Grossmächten wussten durchaus Bescheid darüber, dass die Neutralität der Schweiz – immerwährend und bewaffnet – zu geltendem Völkerrecht erhoben worden ist. Wer sie in Zweifel zog, wer sie angriff, wer die Schweiz zwingen wollte, sich an Sanktionen zu beteiligen, musste – höflich, aber bestimmt – erfahren, dass Nicht-Respektierung der Schweizer Neutralität eine Völkerrechtsverletzung darstellt. Und selbst Grossmächte, selbst Supermächte wollten sich nicht dem Risiko aussetzen, vor einem internationalen Gerichtshof als Angeklagte einer Völkerrechtsverletzung auf die Schandbank verwiesen zu werden.
Denn immer konnte die Schweiz auch nachweisen, dass sie sich nie für Umgehungsgeschäfte missbrauchen liess, wenn Sanktionen erlassen wurden. Courant normal – Beziehungen wie in der Vergangenheit, aber niemals mehr – das war die Schweizer Antwort, wenn ihr Missbrauch ihrer Politik der strikten Neutralität vorgeworfen wurde.
Dem Erpresser erlegen
So konnte die Schweiz selbst dann, wenn krisenhafte Entwicklungen die ganze Welt erschütterten, ihre Neutralität, von allen anderen Staaten respektiert, bewahren.
Das aber hat sich neuerdings verändert: Die Schweiz hat vor wenigen Monaten unter massivem amerikanischem Druck ihre Neutralität preisgegeben und sich den von Washington erzwungenen Sanktionen gegen Russland unterzogen.
Dass dafür Erpressung stattgefunden hat, bewies der US-Botschafter zu Bern in aller Deutlichkeit: Kaum hatte Bundesbern sich zur Mitunterstützung von Sanktionen gegen Russland bereit erklärt, drängte es ihn an die Mikrofone der Massenmedien – triumphierend verkündend, die Schweiz habe gerade im letzten Moment noch erfasst, welche Auswirkungen das Nichtmitmachen an den Sanktionen dem Schweizer Finanzplatz seitens der USA geblüht hätten. Niemand zu Bundesbern besass das Rückgrat, dem breitspurigen Triumphator aus Übersee entgegenzutreten mit der nachdrücklichen Ermahnung, dass selbst die imposanteste Macht der Welt sich davor zu hüten habe, geltendes, anerkanntes Völkerrecht zu verletzen.
Nachplapperi
So ist die Schweiz jetzt ins Schlepptau jener einseitig-parteiischen Politik geraten, die Europa, insbesondere Deutschland, schwersten wirtschaftlichen Schaden bereitet, während das Zielland der Sanktionen, Russland, positive Wirtschaftsentwicklung verzeichnen kann.
Die Wirkung dieses Kniefalls vor der Weltmacht aus Übersee spüren die Schweizer Diplomaten heute bereits deutlich: Ihr Rat, ihre Meinung zu Problemen auf der weiten Welt ist kaum mehr gefragt. Was interessiert schon die Meinung eines eilfertigen Nachplapperis, der seine beispielhafte, eigenständige, jahrzehntelang höchst erfolgreiche Politik der Welt gegenüber voreilig liquidiert, wenn eine Drohung aus Washington ausgesprochen wird.
Anstelle diskreter Vermittlung abseits gieriger Schlagzeilenjäger muss die Schweiz neuerdings mit enormem Finanzaufwand Shows à la Bürgenstock-Konferenz inszenieren. Den Fotografen dabei zeigend, wieviele Staaten dieser Welt angeblich dem Ruf der Schweiz gefolgt seien. Wobei peinlich vermieden wird, einzugestehen, dass die Teilnahme beispielsweise Fidschis vor allem tarnen sollte, dass weit wichtigere Nationen, China zum Beispiel, der Schweiz die kalte Schulter gezeigt haben.
Tatsächlich haben viele Führer vieler Staaten – wie immer sie auch am Ukraine-Krieg interessiert oder nicht interessiert waren – die Gelegenheit genutzt, ein Wochenende lang Bürgenstock-Luxus zu konsumieren, wofür die erheblichen Kosten anderen belastet werden konnten: Ihren Steuern zahlenden Untertanen und den Steuerzahlern der Schweiz.
Wie lange noch …
Ihre offensichtliche Abwertung hat die Schweiz zweien von Geltungssucht angetriebenen Bundesräten zu «verdanken». Denen persönlicher Glanz auf der Weltbühne offensichtlich weit wichtiger ist als das Interesse des Landes und seiner Bevölkerung.
Erreicht haben sie nichts. Wohl aber gezeigt, dass die Schweiz als einst geschätzter Ratgeber zum billigen Nachplapperi von Parolen der vermeintlich Grossen verkommen ist. Diesen Schaden haben der Schweiz zwei Bundesräte, Ignazio Cassis und Viola Amherd, bereitet. Wie lange wollen wir, Schweizerinnen und Schweizer, ihrem geltungssüchtigen, resultatlosen, der Schweiz Schaden bereitenden Gehabe noch zuschauen?
Die Schweiz ist Teil des westlichen Blocks und kein neutraler Staat mehr. Auch in der Schweiz haben die Transantlantiker die Oberhand gewonnen und die Schweiz faktisch zu einem Teil des westlichen Blocks gemacht. In den letzten Jahren ist Neutralität der Schweiz zunehmend erodiert. Die Schweizer Armee entspricht im Grunde den Standards der NATO und die Schweiz hat sich über Verträge so sehr zumindest an die EU angebunden, dass von Neutralität eigentlich schon keine Rede mehr sein konnte.
Der Haupttotengräber unserer Neutralität ist I. Cassis mit seiner peinlichen Anbiederei bei Selenski. Sei dem 1.1.24 wird er tatkräftig unterstützt von V. Amherd, der unsere strikte Neutralität offensichtlich wenig gilt. Die Konferenzen zu Lugano (viel zu früh) und auf dem Bürgenstock (eine Werbeveranstaltung für Schweiz Tourismus) ergab wenigsten für die Beiden genug Kontakte zu wichtigen Politikern, die ihnen später einen guten Job bei der EU oder anderweitig sichern dürften (Bsp. A. Berset im Palais). Neutralität als Regierender zu leben ist schwieriger als internationale Mitmacherei.