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Warnung

Meinungsfreiheit im Alltag

Für den 24. Juni 2020 vereinbarten der Zürcher Kantonsrat Hans-Peter Amrein, aktiver, seine Meinung stets gradlinig und kämpferisch vertretender SVP-Parlamentarier, und «Schweizerzeit»-Chefredaktor Ulrich Schlüer einen Meinungsaustausch in Verbindung mit einem Mittagessen.

Auf Vorschlag von Hans-Peter Amrein wurde eine Reservation im Restaurant Du Théâtre im Zürcher Seefeld getroffen.

Ausladung

Statt einer Bestätigung der Reservation traf allerdings vom Besitzer des Du Théâtre gleichentags folgende Mitteilung per Mail ein:

«Da wir keine politischen Interessenskonflikte in unserem Restaurant provozieren möchten, bitten wir Sie, eine andere Lokalität für Ihr Mittagessen zu wählen. Mit freundlichen Grüssen, J. Müller.»

Antwort

Diese Ausladung veranlasste am 25. Juni zu folgendem Positionsbezug gegenüber dem Besitzer des Du Théâtre, Herrn Jürg Müller:

«Ich habe heute Kenntnis erhalten von Ihrem Entscheid, Kantonsrat Hans-Peter Amrein und mich selbst von einem Mittagessen mit Gedankenaustausch in Ihrem Lokal auszuschliessen.
Ich bestätige den Erhalt Ihres Entscheids und gehe davon aus, ganz in Ihrem Sinn zu handeln, wenn ich die regelmässigen Leserinnen und Leser der von mir herausgegebenen ‘Schweizerzeit’ darüber ins Bild setze.
Damit lässt sich vermeiden, dass Sie durch Gäste, die zum Beispiel während eines Essens in dezent persönlich geführtem Gespräch in aus Ihrer Sicht unbotmässiger Weise aufs Recht auf freie Meinungsäusserung glauben vertrauen zu können, nicht unter Zugzwang geraten, diese Ihnen unerwünschte Gespräche führenden Gäste unversehens an die frische Luft stellen zu müssen.»

Begründungen

Diese Antwort veranlasste Herrn Müller zu Begründungen, wonach ich – was zweifellos zutrifft – die Gäste des Du Théâtre nicht kennen würde. Mehrmals wöchentlich kämen Personen, «denen zum Teil die grossen Verlage gehören». Er habe ein Zusammentreffen zwischen diesen Gästen und mir als «Schweizerzeit»-Herausgeber verhindern wollen. Zuvor schon hatte er beteuert, er sei «gegen jegliche extreme politische Haltung». Dies vertiefend, teilte er mit, er verfolge «eine Politik des gesunden Menschenverstands», weswegen er ein dezidierter Anhänger der Zauberformel für die Zusammensetzung des Bundesrats sei.

Wäre Herr Müller über Auseinandersetzungen um die Zauberformel in den letzten Jahren tatsächlich im Bild, würde er wohl anerkennen müssen, dass keine Partei in Bern die Einhaltung der Zauberformel konsequenter vollzogen hat als die SVP. Der SVP gegenüber wurden die (ungeschriebenen) Regeln der Zauberformel indessen mehrfach (Nichtwahl von Regierungsrätin Rita Fuhrer in den Bundesrat, Nichtbestätigung von Christoph Blocher) schwerwiegend übergangen.

Feststellungen

Einzelne Verleger und auch Chefredaktoren sind mir während meiner politischen Tätigkeit mehrfach begegnet, mehrfach auch in Restaurants. Zu einem Revolutionsausbruch oder auch nur zu einer Anöderei ist es nie gekommen. Mir wäre auch nicht aufgefallen, dass je ein Verleger – ohne die ihm servierten Speisen anzurühren – das Lokal verlassen hätte, sollte ich im gleichen Lokal gleichzeitig ebenfalls ein Mahl eingenommen haben. Noch sind wir nicht so weit, dass Meinungsverschiedenheiten in der Schweiz tätlich ausgetragen werden.

Wir überlassen es den Lesern, persönliche Schlussfolgerungen aus dem hier berichteten Ereignis zu ziehen.

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Publiziert von Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer ist Historiker, Verleger und alt Nationalrat des Kantons Zürich. 1979 gründete Dr. Ulrich Schlüer die «Schweizerzeit», welche als bürgerlich-konservatives Magazin für Unabhängigkeit, Föderalismus und Freiheit bis heute erfolgreich seine Leserschaft bedient.

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6 Kommentare

  1. Gaaaanz einfach!
    Der Wirt hat im Regelfall ein Lokal. Ein Gast hat die Wahl unter vielen.
    Wenn es dem Wirt nicht passt gaaaaanz, einfach ,,tschüss» oder wie gelernt
    rechts rum und Marsch aus der Bude.

    • Dieser Wirt hat zwei Lokale und ist noch in der Gastroberatung tätig. Ich bin wohl kein Mitglied der SVP aber den Laden schreibe ich mir hinter die Ohren.
      «rechts rum und Marsch nie in die Nähe einer seiner Buden»

  2. Hahahahah,.. das ist ja genau so wie hier in allen BRD-Länder .. Land auf – Land ab.. sobald die AFD was anmieten will, erfolgt die Absage.
    Oder ich,.. hab in einigen Kneipen Lokalverbot. Nicht weil ich randaliere, nein , nicht einmal hatte ich was gemacht das einen rauswurf begründet. Nur weil ich einfacher «Nazi» bin und der Wirt «gegen rechts» ist..
    Devise «Kein Bier für Nazis» halt.
    Darum kein Mitleid mit Wirten während Corona. Sollen sie alle pleite gehen oder verrecken. Mir egal.

  3. Das sind doch alles Mitläufer(innen), Lemminge.

    Der eine Wirt hat Angst, dass die anderen Zeitungen schlecht über sein Lokal schreiben, würde dort eine Person bewirtet, die gegen den gefühlten linken Zeitgeist ist.

    Wir hatten das schon mal : in den 1930er Jahren in Deutschland.

    Wer die Nazizeit verstehen will, braucht jetzt nur aus dem Fenster zu gucken.
    Oder die Wochen-, äh Tagesschau einzuschalten.

  4. Hallo Herr Schlüer
    Auch ich, geb. 17. Oktober, nur 4 Jahre später ! (wir sind die Besten 🙂 ) hatte ein ähnliches Erlebnis. Habe mich mit einem «Municipal» (Gemeinderat UDC) in einem Spunten hier in Avenches getroffen. (Einem Italiener) Haben, wie es sich in der Demokratie gehört über Gemeinde-Politik gesprochen. Die Frau des Spuntiers kam wie eine Furie auf uns zu und schrie uns an, dass hier in ihrem Etablissement, nicht über Politik gesprochen wird !!! Wir haben als Reaktion unsere Weingläser auf den Boden geschüttet und sind gegangen. Und seither nie wieder den Fuss in diesem Spunten gesetzt !! Ja, die Schweiz, hat es sehr weit gebracht. Wir Patrioten sind halt nicht Grün/Rot.
    Lieben Gruss aus Aventicum – Pierre

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