in

Zensur der Guten

Die kleine Schwester von «Woke» heisst «Ausgewogenheit». Wir erklären, wie die Zensur der Guten funktioniert.

«Woke» ist die Guillotine der Guten und zielt darauf ab, nicht genehme Menschen politisch, sozial und wirtschaftlich zu zerstören. Die kleine Schwester von Woke nennt sich harmlos «Ausgewogenheit». Sie ist zwar weniger brutal, aber ebenso totalitär wie ihre hässliche Schwester.

Nur noch «wissenschaftlich erhärtete» Wahrheit?

Eigentlich wäre es die hehre Pflicht der Medien, als vierte Gewalt im Staate kritisch zu sein. Sachverhalte sollten ausgewogen und neutral dargestellt werden, indem man beide Seiten zu Wort kommen lässt. Anhand von Rede und Gegenrede soll der Medienkonsument entscheiden, was ihn mehr überzeugt. Doch die Zeiten ausgewogener Berichterstattung scheinen vorbei zu sein. Künftig soll in der Berichterstattung über Covid, das Klima oder andere strittige Themen nur noch die «wissenschaftlich erhärtete» Wahrheit verbreitet werden dürfen, findet SRF. Ansonsten werde die «ideologische Voreingenommenheit» des Publikums gestärkt. Ein Beispiel sei die Berichterstattung zu Covid-19, bei der durch die «falsche Gewichtung wissenschaftlicher Ergebnisse und Einschätzungen» gewisse Zeitgenossen – darunter auch der Schreibende – zum Schluss gekommen seien, dass von einer Pandemie nicht die Rede sein könne.

Verschwindend wenig Skepsis

«Ausgewogenheit» heisst also, dass «falschen» Ansichten kein Raum mehr gegeben wird. Nun ist es ja nicht so, dass zum Beispiel Corona-Massnahmenskeptikern in den Staatsmedien zu viel Raum gegeben wurde – im Gegenteil. Michael Bolliger, stellvertretender Chefredaktor von Radio SRF, schreibt selber: «Seit Februar 2020 hat Radio SRF geschätzt über tausend Sendungen und Beiträge zur Pandemie produziert (…). Insgesamt war die Zahl skeptischer Stimmen in den sechzehn Monaten in unseren Formaten verschwindend klein.» Aber selbst eine «verschwindend kleine» Anzahl skeptischer Stimmen ist für den Chef des Staatsradios noch zu viel. Ausgewogenheit sei «ein Thema, das den Journalismus mehr als kümmern muss. Die BBC ist für uns in diesem Punkt seit Jahren ein Referenzwert, zum Beispiel auch in der Klima-Berichterstattung.» Die BBC – einst Hort und Hüter des freien Wortes – hat schon lange verfügt, dass es für Abweichler keine Sendezeit mehr gibt, und SRF hat dieses Diskurs-Verbot übernommen. Und so wird verlangt, dass «falsche Meinungen» aus Publikationen, Fernsehsendungen und Gesprächsrunden verbannt werden. Es soll also eine Mehrheit von Experten bestimmen, was richtig und falsch ist.

Verdeckte politische Agenda

Meist werden wissenschaftliche oder wissenschaftlich wirkende Informationen ja bloss vorgeschoben, um eine verdeckte politische Agenda zu verfolgen. Doch auch wenn das Konzept ernst gemeint wäre, so ist es Unsinn, und vor allem totalitär: Mehrheitsmeinung und wissenschaftlicher Konsens muss nicht notwendigerweise die Wahrheit abbilden. Das Problem ist, dass in vielen Köpfen eine falsche Vorstellung von Naturwissenschaft herumspukt – dass «die Wissenschaft» die Wahrheit über Corona, das Klima, Rassismus oder was auch immer liefern könne. Experten sollten nicht zu Hütern der Wahrheit überhöht werden, und Konsens ist seltener, als viele meinen. Ergo können hundert Wissenschafter irren und einer richtig liegen.

Ist die Erde eine Scheibe?

Beispiele dazu gibt mehr als genug: So glaubten Wissenschafter im Mittelalter, man könne aus Dreck Gold machen. Später waren sie felsenfest davon überzeugt, dass die Konturen des Schädels Auskunft über den Charakter des Menschen Auskunft geben würden. Hätte man das nun propagierte Prinzip der (falschen) «Ausgewogenheit» schon früher angewandt, so würden wir heute noch glauben, die Erde sei eine Scheibe.

Publiziert von Hermann Lei

lic. iur. Hermann Lei ist Rechtsanwalt und SVP-Kantonsrat des Kantons Thurgau.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Petition «Nein zum Bürgerkriegs-Import»

Igor vergewaltigt Daniela