In der Juni-Session, kurz vor den Sommerferien, hat das Parlament dem Bundesgesetz über die Individualbesteuerung zugestimmt. Das Referendum wurde von Mitte, SVP, EVP und EDU Anfang Juli ergriffen – es ist also gut möglich, dass selbst politisch Interessierte sich noch nicht damit befasst haben, was uns mit dieser Steuerreform aufgedrückt wird.
Mit der Individualbesteuerung sollen Ehepaare bei der direkten Bundessteuer künftig einzeln besteuert werden. Man rechnet mit 1,7 Millionen zusätzlichen Steuererklärungen. Welche Mehrbelastungen dieser Systemwechsel nur schon in administrativer Hinsicht für die Verwaltungen bedeutet, kann derzeit nur erahnt werden. Kostenlose Überstunden wird wohl kein Steuerbeamter leisten, so viel ist klar. Dass mindestens 1’000 neue Beamte nötig sind, wie dies der Tessiner SVP-Nationalrat und Steuerexperte Paolo Pamini schätzt, scheint deshalb wohl nicht allzu weit hergeholt zu sein.
Die Befürworter der Individualbesteuerung behaupten, damit die längst überfällige «Heiratsstrafe» zu beseitigen – also den Umstand, dass verheiratete Paare mehr Steuern bezahlen als unverheiratete. Dass die Heiratsstrafe eine unhaltbare Diskriminierung ist, hielt das Bundesgericht bereits in einem Urteil von 1984 fest. In vielen Kantonen wurde die Besteuerung seither angepasst, nur auf Bundesebene hat es satte 40 Jahre gedauert, bis eine gesetzliche Lösung verabschiedet wurde. Doch statt eine Ungerechtigkeit mit einem guten Gesetz zu beseitigen, zimmerten Bundesrat und Parlament eine Vorlage, die bloss neue Ungerechtigkeiten schafft.
Die Heiratsstrafe wird zwar abgeschafft – diese wird aber durch eine «Familienstrafe» ersetzt. Insbesondere Einverdiener-Ehepaare – solche, die das traditionelle Familienmodell leben – werden steuerlich massiv benachteiligt. Bei der Gewährung von Kinderabzügen zum Beispiel geht die Ehefrau, die sich der Familie und der Erziehung der Kinder widmet, leer aus, weil sie über kein eigenständiges Einkommen verfügt. Gutsituierte Doppelverdiener-Ehepaare, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen, kriegen dagegen den vollen Kinderabzug von 12’000 Franken pro Jahr.
Die Individualbesteuerung setzt komplett falsche Signale. Statt traditionelle Familien, die dem dringend benötigten Nachwuchs ein gutes Umfeld schenken, zu unterstützen, werden sie gesetzlich benachteiligt. Ein Riesenskandal – das Referendum muss zustande kommen!
