Es ist ein Unwort in der politischen Auseinandersetzung. Immer wenn ein sinnvolles Vorhaben versenkt werden soll, argumentieren seine Gegner mit drohenden «Steuerausfällen». Jüngst wurde dieses Schreckgespenst wieder an die Wand gemalt, als wir über die Abschaffung des Eigenmietwerts abgestimmt haben. Hunderte Millionen Franken Steuerausfälle drohten angeblich – und trotzdem hat das Schweizervolk dieser ungerechten Steuer am 28. September den Stecker gezogen.
Praktisch bei jeder Reform achten staatliche Anspruchsgruppen mit Argusaugen darauf, welche vermeintlichen Steuerausfälle damit verbunden sind – das neuste Beispiel ist die Individualbesteuerung, gegen welche gerade erst in dieser Woche das Referendum eingereicht wurde. Wenn ein Projekt oder eine Reform dem Staat in einem Bereich Mindereinnahmen beschert, treten Regierungen, Verwaltungen und die vereinigte Linke sofort auf den Plan, um einzuwerfen, wo diese Steuerausfälle denn wieder «kompensiert», sprich durch neue Steuern ersetzt werden.
Es wird Zeit, mit diesem verwirrenden Begriff aufzuräumen. Steuerausfälle sind kein Geschenk oder gar eine «Geste des guten Willens» seitens des Staates an seine Bürger. Der Staat nimmt seinen Bürgern, die ihn finanzieren, dadurch bloss etwas weniger Geld weg – und lässt ihnen damit ein bisschen mehr Freiheit, wie diese ihr hart verdientes Geld ausgeben wollen. Die Souveränität in unserem Land geht vom Volk – den Steuerzahlern und Staatsbürgern – aus. Steuern, Abgaben und Gebühren müssen immer wieder aufs Neue gerechtfertigt werden – es gibt keine Ansprüche auf ewiges Fortdauern einmal eingeführter Steuerbelastungen.
Genauso sind Steuersenkungen oder Steuerrabatte keine Geschenke des Staates. Sie sind zu viel eingenommene Steuern, die dem Bürger gehören. Blicken wir auf die Entwicklung der Staatsquote und insbesondere die Zahl der Angestellten in den Verwaltungen, haben Bund und Kantone in den letzten Jahren jedes Mass verloren. Dieser Staat hat kein Problem mit «Steuerausfällen», sondern offensichtlich viel zu viel Geld zur Verfügung, um sich laufend neue Betätigungsfelder zu schaffen.
Ich handhabe es jedenfalls so: Wird bei einer Vorlage lauthals über drohende Steuerausfälle gejammert, ist das für mich der beste Grund, dieser Vorlage zuzustimmen.
