Die Abstimmung über die E-ID ist denkbar knapp ausgefallen. Die Mehrheit der Kantone stimmte Nein und letztlich war der Ja-Anteil nur 50,39 Prozent. Zahlreiche offene Fragen und Ungereimtheiten bleiben – so zum Beispiel die folgenden:
- Die letzte SRG-Trendumfrage vom 17. September (11 Tage vor dem Abstimmungstermin) gab an, dass weniger als 40 % der Bürger die Absicht gehabt hätten, Nein zu stimmen. Am Schluss waren es über 49 %, es wurde ganz knapp. Diese und andere Umfragen waren höchst manipulativ. Sie vermittelten einen falschen Eindruck und signalisierten vielen, dass es sowieso keinen Wert mehr hätte, sich für ein Nein zur E-ID einzusetzen. Die Umfragen haben den Abstimmungskampf entscheidend beeinflusst – solche manipulativen Abstimmungen 30 Tage vor einer Abstimmung dürfen nicht mehr erlaubt sein.
- Die Swisscom, die zu 51 % dem Bund gehört, hat nicht nur über ihre Medien wie «Blue News» einseitig über die E-ID berichtet. Die Swisscom hat den E-ID-Befürwortern gar eine Abstimmungsspende in der Höhe von 30’000 Franken bezahlt. Ein staatsnaher Betrieb, der mehrheitlich dem Bund gehört, muss sich politisch neutral verhalten. Es ist ein absoluter Skandal, dass die Swisscom sogar noch politische Kampagnen-Spenden tätigt. Wenn eine Abstimmung so hauchdünn ausfällt und nur wenige tausend Stimmen den Unterschied gemacht haben, ist nicht auszuschliessen, dass die Swisscom-Spende das Zünglein an der Waage war.
Aus diesen Gründen führt für mich kein Weg daran vorbei, dass die Abstimmung über die E-ID wiederholt werden muss. Das hat nichts damit zu tun, ein «schlechter Verlierer» zu sein, sondern mit Fairness. Das Vertrauen in die direkte Demokratie muss erhalten bleiben – das schaffen wir nur, wenn keine Zweifel mehr bestehen, dass eine Volksabstimmung durch unlautere Mittel manipuliert wurde. Namhafte Rechtsprofessoren wie Andreas Glaser sind der Meinung, dass die Abstimmungsspende der Swisscom «insgesamt unzulässig» gewesen sei und eine Abstimmungsbeschwerde deshalb durchaus Chancen vor Bundesgericht hätte. Zum Glück haben mehrere Organisationen, darunter Mass-Voll, die EDU und die Junge SVP, Stimmrechtsbeschwerde eingereicht. Seien wir gespannt, wie es weiter geht.