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Die alljährliche Erhebung von «Freedom House» – Wohlstand in Freiheit

Seit 18 Jahren sinkt weltweit der Grad der Freiheit. 2023 verzeichneten 52 Länder einen Rückgang, 21 Länder eine Verbesserung. 

https://freedomhouse.org/sites/default/files/2024-02/FIW_2024_DigitalBooklet.pdf

Der einflussreiche Publizist Martin Wolf untersuchte kürzlich in der Financial Times den Zusammenhang zwischen Freiheit und Wohlstand. Grob gesagt gilt: Je mehr Freiheit, desto höher der Wohlstand. 

https://www.ft.com/content/9285ed6e-fb71-4b10-bf5c-b4f83a140675

Die Schweiz und Finnland sind Weltmeister

Der Wohlstand bemisst sich nach dem kaufkraftbereinigten Bruttoinlandprodukt pro Kopf der Bevölkerung (US$ pro Kopf im Jahr 2023). Hier ist die Schweiz mit $ 73.100 absoluter Weltmeister, und dies bei einem Freiheitsindex von 96 (Maximum 100). 

Die vier nordischen Länder schneiden bei der Freiheit noch besser ab (Index 99). Dies allerdings bei einem um zwanzig Prozent niedrigeren Wohlstand als die Schweiz. Unsere vier grossen Nachbarländer erreichen mit dreissig Prozent weniger Wohlstand einen durchschnittlichen Freiheitsindex von 91. 

Weltmeister bei der Disziplin Freiheit ist Finnland mit dem Maximalwert von hundert.

Der grösste Ausreisser in der Studie sind die UAE (Vereinigte Arabische Emirate), die beim Wohlstand ihrer rund zehn Millionen Einwohner als Ölexportländer fast das Niveau der Schweiz erreichen ($ 72,600), beim Freiheitsindex aber mit einem Wert von dreizehn zu den unfreiesten Ländern gehören.

Wie misst man Freiheit

Freedom House ordnet jedem Land 25 Indikatoren mit Werten zwischen null und vier Punkten zu, woraus sich eine Maximalpunktzahl von hundert ergibt. Die Indikatoren sind in die Kategorien «politische Rechte» (0 – 40) und «bürgerliche Freiheiten» (0 – 60) eingeteilt. Freedom House teilt die Länder auf Grund ihrer Gesamtwerte in drei Kategorien ein: «frei», «teilweise frei» oder «nicht frei». Über die einzelnen Kriterien kann man unterschiedliche Meinungen haben. Entscheidend scheint mir folgendes: Verantwortlich für die Freiheit ihrer Bewohner sind die einzelnen Länder.

Die Methodik ist weitgehend von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte abgeleitet, die 1948 von der UN-Generalversammlung verabschiedet worden ist. Freedom House bewertet die realen Rechte und Freiheiten, die der Einzelne geniesst. Rechtliche Garantien reichen nicht aus, um die Erfüllung der Freiheitsrechte vor Ort zu gewährleisten. Sowohl Gesetze als auch tatsächliche Praktiken fliessen in die Bewertung ein. Grosses Gewicht wird auf die Umsetzung gelegt.

Lehren für die Welt 

Die Zahlen scheinen eindeutig: Je mehr Freiheit, desto höher der Wohlstand. In freien Ländern geht es den Menschen wirtschaftlich besser als in unfreien. Das spricht für die Demokratie. Trotzdem sind autokratische Regimes und Praktiken auf dem Vormarsch. Weltweit ist die Freiheit 2023 zum achtzehnten Mal in Folge zurückgegangen. Über zwanzig Prozent betrug der Rückgang des Freiheitsindexes in den letzten zehn Jahren in den folgenden Ländern: Nicaragua, Türkei, Hong Kong, Venezuela, Ungarn. 

Aber auch für freie Länder wie Polen, USA, Israel, Frankreich, Spanien und Grossbritannien weist Freedom House Rückgänge der Freiheit von mehr als fünf Prozent aus.

Welche Lehren ziehen wir aus dieser Entwicklung für die Welt: Am besten keine! Weltverbesserung ist nicht unser Thema. Wir beschränken uns auf die Schweiz.

Die Bedrohung durch den Überwachungsstaat

Eine der zukünftig grössten Gefahren für die bürgerliche Freiheit geht vom Überwachungsstaat aus. Der digitale Fortschritt begünstigt autokratische und diktatorische Systeme. Bekannt ist die Politik Chinas, welche alle digitalen Möglichkeiten zur umfassenden Kontrolle der Bevölkerung ausnützt, von der automatischen Gesichtserkennung bis zur Auswertung der digitalen Zahlungsströme. 

Die Tendenzen und Bemühungen in den noch freien Ländern sind nicht grundsätzlich verschieden. Bruno S. Frey und Christian R. Ulbrich schlagen in ihrem soeben erschienen Buch «Automated Democracy» sieben Massnahmen vor, um die zentralen demokratischen Institutionen digital zukunftsfest zu machen.

Die Bedrohung durch die EU

Gross ist die Abhängigkeit der schweizerischen Demokratie und die Freiheit der Bürger von internationalen Organisationen, allen voran von der EU. 

Dass die politischen Rechte der Schweizerinnen und Schweizer durch die vom Bundesrat und Teilen der Wirtschaft anvisierten «bilateralen» Verträge mit der EU arg beschnitten würden, ist bekannt. Fremdes Recht würde schweizerisches verdrängen. Schweizerische demokratische Instrumente wie Initiative und Referendum würden obsolet. Dass die Bevölkerung des Wohlstandsweltmeisters Schweiz dem zustimmen sollte, ist doch eine sehr verwegene Annahme. 

Die Bedrohung durch die Weltgesundheitsorganisation WHO

Die Schweiz verhandelt mit anderen Staaten seit 2021 über die Anpassung der Internationalen Gesundheitsvorschriften sowie über ein neues Pandemieabkommen. 

Es scheint, dass der Bundesrat die Abkommen in eigener Kompetenz abschliessen will oder wollte. Beide Abkommen schränken unsere Demokratie massiv ein und übertragen gesetzgeberische Kompetenzen an eine angeblich internationale Organisation, die grösstenteils durch Mittel von Dritten finanziert ist. Prominent dabei ist die Bill & Melinda Gates-Stiftung.

Keine Bedrohung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Die allerneuste Bedrohung unserer demokratischen Rechte kommt angeblich vom links gefederten Urteil der Strassburger Richterinnen und Richter zu Schweizer Klimapolitik. Geklagt haben «Klimaseniorinnen» aus der Schweiz, die vom Staat zu wenig Schutz gegen die Klimaerwärmung erhalten. 

Die NZZ nennt sie «von der Umweltorganisation Greenpeace vorgeschobene Strohfrauen». Das absurde Urteil des Gerichts schadet der Schweiz nicht, aber es beschädigt den ohnehin nicht mehr so guten Ruf des Strassburger Gerichts weiter. Und je schlechter die Reputation, desto irrelevanter die Institution.

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Publiziert von Hans Geiger

Hans Geiger ist em. Professor für Bankwesen, wohnhaft in Weiningen ZH.

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