in

SKA 1977, UBS 2008, CS 2023 – und jetzt?

Drei Schweizer Grossbankenkrisen habe ich innert 46 Jahren erlebt: 1977 SKA Chiasso, 2008 UBS Subprime, 2023 Credit Suisse. Jedes Mal Verlust von Vertrauen und viel, viel Geld.

Nach der Rettung der UBS durch Bund und Nationalbank in der Subprime-Krise von 2008 war sich die Schweiz einig. Eine solche Krise mit einer Grossbank darf es nie wieder geben. Deshalb haben Bundesrat und Parlament spezielle Regeln zur Stabilisierung, Sanierung oder Liquidation der fünf «systemrelevanten» Institute erlassen. Das Regelwerk trägt den Namen «Too Big To Fail», zu gross zum Scheitern. Das Regelwerk selbst ist jetzt gescheitert.

Ein Plan für den Papierkorb

Gemäss dem Bericht der Finanzmarktaufsicht (FINMA) von 2022 konnten die UBS und die Credit Suisse «mit weiteren operationellen Verbesserungen entsprechende Fortschritte in ihrer globalen Abwickelbarkeit erzielen, insbesondere in den Bereichen der operativen Entflechtungen, der Bereitstellung von Liquiditäts- und Kapitalinformation für die Krisenbewältigung sowie der Vorbereitung einer Post-Bail-in-Restrukturierung».

Als die Credit Suisse Mitte März ins Wanken geriet, blieb das Dossier «Too Big To Fail» in der Schublade. Von dort muss es jetzt in den Papierkorb wandern.

Nationalrat Andreas Glarner hat an dieser Stelle vor einer Woche die Hintergründe dieses Debakels beleuchtet. Ich gehe deshalb nicht mehr auf die Geschichte ein und wende mich der Zukunft zu. Was muss passieren, damit ich nicht noch eine vierte Grossbankenkrise erlebe? Eine solche würde nicht nur den Finanzplatz weiter beschädigen, sondern der ganzen Schweiz massiven Schaden zufügen.

Fünf Regeln für die Banken

Fünf Dinge müssen ändern, damit es mit der Forderung «eine solche Krise mit einer Grossbank darf es nie wieder geben» in Zukunft klappt.

Abspaltung des Schweizer Geschäftes

Die neue UBS muss die alte Credit Suisse Schweiz wieder abgeben, entweder an die Börse oder an ein anderes Institut. Es kann aus wettbewerbspolitischen Gründen nicht sein, dass ein einziges Grossinstitut den Schweizer Bankenmarkt dominiert, vor allem im Firmenkundenbereich.

Das weiss auch die UBS-Führung. Sie wird sich trotzdem noch etwas zieren und kann damit den Preis für sich möglicherweise hochhalten. Das Zögern hat sich bei der Übernahme der CS ausbezahlt.

Trennbankensystem

Bundesrat und Parlament müssen auf dem Gesetzesweg ein Trennbankensystem einführen. Das Universalbankensystem nach schweizerischem oder deutschem Muster ist zu anfällig auf Krisen und beinhaltet zu viele Interessenkonflikte.

Unseren Banken ist das Investment Banking-Geschäft zu verbieten. Das Investment Banking kann im Rahmen des Finanzinstitutsgesetzes neu reguliert werden. Nach der grossen Finanz- und Wirtschaftskrise von 1933 hat sich in den USA das Trennbankensystem bis 1999 als robust bewährt.  

Bonus verbieten

Den Banken sind Bonussysteme gesetzlich zu verbieten. Bonussysteme haben für Banken zwei grosse Nachteile: Sie ziehen die falschen Leute an, und sie motivieren die Leute zu falschen Entscheidungen.

Meine Universitätskollegin Margit Osterloh und Kollege Bruno S. Frey forschten und publizierten um die Jahrtausendwende zum Thema «intrinsische und extrinsische Motivation». Ich fand dies damals als akademisch interessant, aber praktisch nicht entscheidend. Heute bin ich überzeugt: In den Banken hat sich eine extrinsische Bonus-Unkultur breit gemacht, die mitentscheidend ist für die existenziellen Krisen in grossen Banken, und damit für die gesamte Wirtschaft.

Man mag einwenden, man brauche Bonussysteme, um die besten Leute anstellen zu können. Das Argument ist mehrfach falsch. Ein Bonusverbot verhindert nicht, dass eine Bank Spitzensaläre bezahlt. 1 Millionen Franken Salär ist gleich viel wie 500’000 Franken Salär und eben so viel Bonus. Zudem ist es ein Armutszeugnis, wenn ein Institut mit 50’000 Mitarbeitern für seine Schlüsselpositionen im externen Arbeitsmarkt mit Bonussystemen Leute suchen muss. Haben diese Institutionen kein Programm, mit dem die besten internen Leute identifiziert, gefördert und befördert werden können?

Das Verbot von Bonussystemen kann auf Banken beschränkt werden, weil den Banken für die gesamte Wirtschaft eine einzigartige und zentrale Rolle zukommt. Sinnvoll wäre ein Verzicht auch für viele andere Branchen.

Und zum Schluss: Die Credit Suisse hat in den letzten neun Jahren mehr Boni ausbezahlt, als sie überhaupt Gewinn erzielt hat. Das ist Managersozialismus vom Feinsten. Schlimmer geht’s nimmer.

Mehr Kapital

Die Eigenmittelvorschriften für Banken sind massiv zu erhöhen, und sie sollen nicht mehr auf «risikogewichteten» Engagements berechnet werden.

«Risikogewichtung» tönt zwar gut, ist aber eine Einladung zu Kreativität und Manipulation. Besser ist «einfach und klar», die Grössenordnung irgendwo zwischen zehn und zwanzig Prozent der Engagements. Das wäre für die Credit Suisse rund dreimal mehr als per Ende 2022 ausgewiesen.

Schärfere Sanktionen gegen die Chefs

Schliesslich ist der Werkzeugkasten der Bankenaufsicht FINMA zu ergänzen. Die FINMA ist keine Strafbehörde, ihre Sanktionsmöglichkeiten richten sich primär gegen die Banken.

Solche Sanktionen sind den entscheidenden Führungskräften – etwas salopp gesagt – egal. Sanktionen müssen verstärkt auf die Personen ausgerichtet werden. Sanktionen müssen persönlich weh tun. Im kürzlichen NZZaS-Interview sagte die Präsidentin der FINMA, Marlene Amstad, dass diese Lücke geschlossen werden soll. Das tönt doch mal gut.

Mit diesem Programm, das auch umgesetzt werden muss, wächst die Chance, dass wir in der Schweiz keine vierte Grossbankenkrise mehr erleben müssen.

Hans Geiger

Hinweis: Der Autor arbeitete von 1970 bis 1996 für die Crédit Suisse (damals SKA), die letzten zehn Jahre als Mitglied der Generaldirektion.

Diesen Beitrag bewerten

Avatar photo

Publiziert von Hans Geiger

Hans Geiger ist em. Professor für Bankwesen, wohnhaft in Weiningen ZH.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

10 Kommentare

  1. Diese 5 Regeln sind überfällig. Seit Jahren werden sie gefordert, u.a. auch von Christoph Blocher. SVP und SP waren sich schon vor einigen Jahren in einer seltenen Allianz einig darüber. Wer blockiert? Offensichtlich die FDP und die Mitte.

  2. Nicht bloss Banken, sondern allen Firmen sollte Bonussystem gesetzlich verboten werden. Die Strategie einer Firma sollte auf langfristige Erfolge zielen. Bonussysteme, ob bei Banken oder anderen Firmen, motivieren die Führungskräfte zu Entscheidungen, die ihnen kurzfristig grosse Boni versprechen und diese Entscheidungen sind bezüglich der langfristigen Strategie meistens falsch. Das habe ich nach der Fusion der BBC mit ASEA miterlebt, als der CEO der neuen Fa. ABB, der Schwede Barnevik, Bonussystem einführte. ABB wurde durch den Verkauf der Kraftwerkbau an Alstom im letzten Augenblick vom Konkurs gerettet.

  3. Ist nicht auch die Finma ein Staat im Staat mit zu vielen und willkürlichen, sprich, korrupten Regeln? Eine ernstgemeinte Frage.
    Die Finma ist einzuschränken oder sogar abzuschaffen.
    Wir sollten zurück zu den Wurzeln, also vor 1990.

  4. Wir könnten uns glücklich schätzen so hervorragende Banker mit so viel Weitsicht und Erfahrung zu haben wie Hans Geiger. Leider so befürchte ich, dass auch hier der Fachmann (nicht der Prophet) im eigenen Land nicht zählt.
    Seine Empfehlungen würde ich noch um einen Punkt ergänzen: der oberste Banker (CEO) muss ein echter Schweizer sein. (altbacken, dafür zuverlässig).
    Ein erfolgreicher CH-Unternehmer hat in seinen Rezepten (in der NZZ) geschrieben: mehr wie eine Million CHF kann kein Mensch (auf der Lohnliste) Wert sein.

  5. Es ist alles gut und recht was sie schreiben. Es ändert sich jedoch nichts am System. Vielen Schweizerbürger ist alles egal. Die Jungen kümmern sich um das Handy, und die alten schweigen solange die AHV jeden Monat kommt. Sobald Gras über die Sache wächst wird erneut gelogen und betrogen.

  6. Jetzt müssten wir dieselben Ueberlegungen für die Stromversorgung anstellen. Warum bauen Schweizer Strommonopolisten mit den Zwangsabgaben der Kunden in Finnland und anderen Staaten Energieanlagen? Warum darf eine Axpo an der Strombörse mit Mia-Einsätzen zocken? Wir brauchen eine Geldversorgung der Gesellschaft und eine Stromversorgung. Diese muss vom Staat oder von staatsnahen Firmen sicher gestellt werden und den Rest kann man den privaten Unternehmen überlassen. Axpo kann ja in Finnland Geschäfte machen, aber nicht mit Garantien der Schweiz und mit Geld aus dem Verkauf von Strom an Schweizer Kunden.

  7. Sehr geehrter Herr Geiger, Im Jahre 2000 hat die UBS AG eine ihrer pompösen Direktorenkonferenz in Lugano abgehalten. Herr Ospelt sel. hat damals uns allen erklärt, 1 Kunde welcher nicht 100 Mio. bei uns hat ist ein Unkostenfaktor. Als damaliger Leiter Risikomanagement Immobilien habe ich vor versammelter Direktorengesellschaft erklärt: Herr Ospelt wenn dies Teil ihrer Strategie über diese Bank ist, werden Sie in 6 bis 8 Jahren ein Riesenproblem mit dieser Bank haben. Seine Reaktion: Sie haben keine Ahnung vom Bankenwesen! Darauf habe ich fristlos gekündigt!

  8. Geehrter Herr Geiger,
    Über die Zukunft der Banken und das gegenwärtige Geldsystem zu debattieren setzt voraus auch die Geschichte darüber zu kennen und zu wissen wie und wo alles begann um zu begreifen wie und wo alles enden muss und wird!
    Das moderne Banking- und Steuersystem entwickelte sich von den Goldschmieden im alten Babylon den allerersten Bankers der Welt!
    Es war zu jener Zeit, die Menschen sorgten sich um die Sicherheit ihres Goldes, so überliessen sie es den Goldschmieden die es in ihren eisernen Safes einschlossen und geschützt vor Dieben sicher aufbewahrten. Dafür stellten jene Goldschmiede jeweils eine Quittung aus gegen die das jeweilige Gold jederzeit wieder ausgelöst werden konnte (gegen eine «kleine Gebühr» wohlverstanden). Diese Quittungen wurden dann allmählich als «Geld» akzeptiert, da die Besitzer absolut sicher waren das Gold auf Verlangen jederzeit auslösen zu können. Bald aber fanden die Goldschmiede heraus, dass nur ein ganz kleiner Teil der von ihnen ausgestellten Quittungen zurück kamen und für das eigentliche Gold zurück getauscht wurden.
    So lag immer viel Gold in ihren Safes, welches aber zusammen dem Volk gehörte!
    Und so begann es, dass die Goldschmiede anfingen Quittungen in beliebigen Mengen und Beträgen zu produzieren und diese dann sich selberdienend gegen «Zinsen» und «Sicherheiten» auszuleihen (viel mehr Quittungen als Gold, welches sie tatsächlich in ihren Safes aufbewahrten). Kurz gesagt, obgleich das Gold das «de juro» Geld war, wurden die ausgestellten Quittungen zum «de facto» Geld. Und alles geschah ohne jeglichen Verdacht in der Bevölkerung zu wecken!
    Diese Machenschaften rechtfertigten sie mit dem Argument, solange «ihre Goldreserven» angemessen seien, «das Geld» gesund sei! So expandierten diese Goldschmiede ihre Geschäfte mit solchen «gefälschten» Quittungen, indem sie entweder die lokale Bevölkerung und auch Ausländer mit solchen Darlehen erhöht verschuldeten.
    Somit stiegen die Umsätze und Profite enorm und Wohlstand herrschte!
    Umgekehrt aber, wenn immer dann die Goldschmiede die ausstehenden Schulden und Zinsen einforderten (foreclosure) folgte eine grosse «Depression» für alle Beteiligten, ausschliesslich der Goldschmiede die sich dann skrupellos daran machten die «säumigen Schuldner» ihrer laufenden Sicherheiten (Vermögen) «legal» zu berauben!
    Durch solche Intrigen oder Kriege schafften es die Goldschmiede die Kontrolle des Geldes ganzer Völker und Nationen und schliesslich der ganzen Welt an sich zu reissen!
    Die Währungen lediglich als «zinstragende Staatsschulden» auszustellen und diese dann ganz nach Belieben zu expandieren (Money Supply) bildet die Grundlage der sich immer wiederholenden «Business-Cycle» bei denen sich immer wiederholenden «Liquiditätskrisen» und deren damit verbundenen «Depressionen» bei welchen die Goldschmiede dann immer wieder und wieder über die «realen Vermögen» der säumigen Schuldner herfallen können!
    Dieser Vorgang wurde und wird auch heute so viele male wiederholt bis die Goldschmiede buchstäblich ganze Nationen beherrschen und die ganze Welt besitzen!
    So wie sich die anhäufende Menge der auf diese weise «legal» geraubten nationalen Vermögen erhöhte, mussten neue und legale Formen des Eigentumsrechtes erfunden werden um diesen Schwindel zu kontrollieren. Partnerschaften waren nötig um die von den Einzeleigentümern geraubten Vermögen zu verwalten. Korporationen und Staatseigentum wurde eingeführt um die auf diese weise von den Partnerschaften gestohlenen Vermögen zu festigen. Heute werden ganze Staaten zu grossen «Wirtschafts-Unionen» zusammen gelegt und neue Währungen (Quittungen) ausgestellt um die auf diese weise von den einzelnen Staaten geraubten grossen Vermögen zu konsolidieren (wie z.B. die Europäische Union (EU) mit dem EURO oder zur Zeit dem neuen Schmäh der «Euro-Bonds».
    Das ist das wirkliche dunkle Wesen des so rührend gelobten «Paradieses» genannt Globalisierung!
    Es ist aber in der Tat nichts anderes, als ein gigantischer Plunder und das Manifest unsäglicher krimineller Machenschaften dieser «Goldschmiede von Babylon» (den heutigen internationalen Banksters), es ist ein Versuch, die von diesen globalen Gangsters manipulierten «Business-Cycles» zu legitimisieren!

    Und das geehrter Herr Geiger ist keine Verschwörungstheorie, es ist die traurige Wahrheit und einzige und alleinige Grund für alle grossen Finanzkrisen, für alle Kriege und die grosse Armut auf der Welt!
    Aber die Evolution des Bewusstseins schreitet voran, täglich erwachen jetzt immer mehr Menschen in eine höhere Schwingung der göttlichen Erkenntnis und erkennen das Unrecht und rufen nach «ETHIK»!
    Deshalb verlangen wir jetzt die sofortige Abschaffung des Zinssystems in allen Ländern und die globale Streichung aller «Luftblasenschulden» sowie die umgehende Verstaatlichung der Finanzwirtschaft und aller privaten Banken weltweit. Sowie die umgehende Abschaffung der Einkommenssteuer und die Einführung einer einzigen Verbrauchersteuer sowie die Einführung des «bedingungslosen Kapitaleinkommens» für alle Bürger des Staates als reale Teilhabe an der jeweiligen nationalen Finanzwirtschaft!
    ETHIK überkommt MACHT!

Zack, bumm, fertig bei der SKA-ndal-Institution – Wie man eine Bank ruiniert

Notrecht hat nichts mit «Recht» zu tun, sondern es ist … Ecstasy für die Elite